1900 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Schürenstiftung
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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34. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges; 1618.
1. Ursache des Krieges. Karl V. hatte vergebens versucht, die
evangelische Lehre mit dem Schwert zu unterdrücken; er mußte den
Lutherischen freie Religivnsübung gewähren. Mehr als drei Viertel
des deutschen Volkes gehörte der evangelischen Kirche an; aber arg-
wöhnisch standen Evangelische und Katholiken einander gegenüber. Der
wenige Jahre vor Luthers Tode gestiftete Jesuitenorden machte
es sich zur Aufgabe, die Evangelischen zur katholischen Kirche zurückzu-
führen. Das ist ihm auch in unserm Bezirk an vielen Orten gelungen,
am meisten im Meppenschen. Der Bischof in Münster ließ sogar alle
Evangelischen ans seinem Bistum answeisen. Endlich brach in Böhmen
der offene Kampf zwischen Evangelischen und Katholischen aus. Die Evange-
lischen Böhmens hatten vom Kaiser ebenfalls freie Religionsübung und
das Recht erhalten, sich Kirchen zu bauen. Als ihnen nun eine neue
Kirche verschlossen, eine andere niedergerissen wurde, beschwerten sie sich
beim Kaiser; weil sie dort aber hart abgewiesen wurden, drangen
böhmische Edelleute in das Nathans zu Prag ein und warfen die kaiser-
lichen Räte zum Fenster hinaus. Das war der Anlaß zu einem
dreißigjährigen blutigen Kri^e.
2. Strafgericht über Böhmen. Bevor es zum Kampfe kam, starb
der Kaiser; ihm folgte sein Neffe Ferdinand Ii., welcher der Ansicht
war: „Lieber eine Wüste als ein Land voller Ketzer." Die Böhmen
wollten ihn deshalb nicht als König anerkennen, sondern wählten den
Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zu ihrem Könige. Dieser nahm
die gefährliche Krone an; statt aber mit allen Kräften zum Kampfe
zu rüsten, feierte er in Prag prunkvolle Feste. Die evangelischen
Fürsten unterstützten ihn nicht. Ferdinand sammelte mit Hülfe des
Herzogs von Bayern ein starkes Heer, das von Tilly geführt wurde.
Tilly war ein Niederländer, klein von Gestalt, aber ein erfahrener
Kriegsmann; er hatte geschworen, für seinen Glauben seinen letzten
Blutstropfen zu vergießen. Am weißen Berge vor Prag wurde das
böhmische Heer vollständig besiegt, während König Friedrich beim
Mittagsmahle saß. Er verzweifelte an jedem ferneren Widerstände
und verließ eiligst das Land; weil er nur einen Winter über regiert
hat, nennt man ihn spöttisch den Winterkönig. Der Kaiser verhängte
über Böhmen ein furchtbares Strafgericht. 27 Edelleute lvurden öffentlich
enthauptet und ihrer Güter beraubt, ganze Scharen in die Messe ge-
trieben; Tausende von Familien wanderten aus. Böhmen war wieder
katholisch.
35. Krieg in Korddeutschlan-.
1. Wallenstein. Tilly besetzte hierauf auch das Stammland des
Winterkönigs, die Pfalz, und zog nach Norddeutschland, um dort den
evangelischen Glauben zu unterdrücken. Für die evangelische Kirche
kämpften nur noch einige Söldnerführer, die ihr Heer durch Raub und
Plünderung unterhielten. Die Stadt Osnabrück vermochte sich ihrer
zu erwehren; aber das offene Land und die kleinen Städte wurden
erbarmungslos ausgesogen. Dazu bot dem Kaiser noch ein anderer