1900 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Schürenstiftung
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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zubauen. Selbst von beu Kanzeln ließ er ihnen den Kartoffelbau em-
pfehlen, schenkte ihnen ganze Wagenladungen von Pflanzkartoffeln und
zwang die Bauern, sie zu pflanzen. Wie sein Vater, so schützte auch
Friedrich die hörigen Bauern gegen rohe Behandlung und gebot, daß
sie höchstens wöchentlich drei Tage Hofdienste leisten sollten.
2. Westpreußcn. Neun Jahre nach dem siebenjährigen Kriege ge-
wann der König eine ganze Provinz ohne Blutvergießen. Das König-
reich Polen war durch eine schlechte Regierung ganz verfallen; deshalb
beschlossen Rußland, Österreich und Preußen, das Land zuteilen. Preußen
erhielt die Provinz Westpreußen, so daß also jetzt Ostpreußen mit dem
übrigen Staate zusammenhing. Aber wie traurig sah es in Westpreußen
aus! Im ganzen Lande gab es weder Post noch Apotheke, kaum Hand-
werker. Der König teilte das Land sofort in Kreise und Gemeinden,
errichtete. Kirchen und Schulen und sandte Hunderte von Beamten, Geist-
lichen, Ärzten, Lehrern und Handwerkern dorthin, hob die Leibeigen-
schaft auf und führte den Schulzwang ein. Deutsche Ansiedler wan-
derten ein, so daß allmählich deutsche Sprache und Sitte zur Herr-
schaft kam.
3. Handel, Gewerbe, Steuern. Zur Stütze des Handels erbaute
Friedrich der Große mehrere Kanäle, z. B. den Bromberger, und
gründete die Königliche Bank, die jetzige Reichsbank. Um das inländische
Gewerbe zu fördern, erschwerte er die Einfuhr fremder Waren, indem
er von ihnen einen Eingangszoll erhob, oder er verbot sie ganz. Er
gründete in Berlin eine Königliche Porzellanfabrik sowie eine Spinnerei
mit Dampfbetrieb, in Schlesien Spinnschulen und verwandte bei den
oberschlesischen Bergwerken schon eine Dampfpumpe. Hierzu sowie zur
Unterhaltung des Heeres gebrauchte der König viel Geld; da aber das
Land bald wieder aufblühte, vermochte es die Abgaben leicht zu zahlen.
Die notwendigen Lebensbedürfnisse des kleinen Mannes ließ er steuer-
frei ; die Luxusgegenstände aber belegte er mit hoher Abgabe. Zu ihnen
rechnete er auch Kaffee und Tabak. Beide Waren konnten die Kaufleute
nur von der Regierung zu einem hohen Preise kaufen. Eine solche Ein-
richtung nennt man Monopol, d. i. Alleinbandel. Das Volk war da-
mit nicht zufrieden. Als der König einst durch Berlin ritt, bemerkte
er, daß die Menge ein Bild betrachtete, welches ihn darstellte, wie er
auf einem Schemel sitzend die Kaffeemühle drehte. „Hängt es doch
tiefer", rief er, „damit die Leute sich nicht den Hals ausrecken." Da
brach die Menge in lauten Jubel aus und zerriß das Bild. Der König
ließ sich auch nicht irre machen, die Staatskassen füllten sich. Für sich
selber brauchte er sehr wenig; mit Recht konnte er sagen: „Ich bin arm,
mein Staat ist reich."
4. Die Rechtspflege war von der Verwaltung noch nicht getrennt;
aus dem Lande waren Richter und Rechtsanwälte unwissend und be-
stechlich. Der Arme konnte wegen der hohen Kosten kaum einen Prozeß
führen; gegen einen Reichen verlor er ihn stets. Friedrich hob sogleich
beim Antritt seiner Regierung die Folter auf; später trennte er die
Verwaltung von der Rechtspflege. Er stellte als Richter nur rechts-
kundige Männer an, besoldete sie reichlich, ermäßigte aber die Gerichts-
gebühren und befahl, daß alle Prozesse innerhalb eines Jahres beendigt
sein müßten. Damit jeder wisse, was im Lande als Recht gelte, ließ
er das allgemeine Landrecht ausarbeiten. Es war das erste Gesetzbuch