1900 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Schürenstiftung
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
67
Mm die Schlacht erst um Mittag (18. Juni. 1815). Napoleon bestürmte am
heftigsten den linken englischen Flügel, weil dort die Preußen sich an-
schließen sollten; aber die Engländer standen wie Mauern. Die Osna-
brücker Landwehr nahm sogar einen französischen General gefangen.
3. Die Preußen bei Waterloo. Blücher war schon frühmorgens
ausgebrochen. Als der Arzt ihm das gequetschte Bein verbinden wollte,
sprach der greise Held: „Ach was schmieren! Ob ich heute balsamiert
oder unbalsamiert in die andere Welt gehe, wird wohl auf eins heraus-
kommen !" Der Marsch war äußerst beschwerlich, da der unaufhörliche
Regen den thonigen Boden erweichte. Doch Blücher verlor den Mut
nicht ; ans den Regen deutend, sprach er: „Seht, unser Verbündeter von
der Katzbach! Da sparen wir dem Könige wieder viel Pulver!" Doch
der Boden wurde immer weicher, so daß Fußgänger und Reiter
stecken blieben und die Kanonenräder bis zur Achse einsanken. Blücher
aber sprengte von einer Abteilung zur andern und spornte zur Eile
an. Als einige murmelten, es gehe nicht, ries er: „Es muß gehen! Ich
hab es ja meinem Bruder Wellington versprochen; ihr wollt doch nicht,
daß ich wortbrüchig werden soll?" Und es ging. Wellington hatte
unterdes einen harten Stand. Dünner und dünner wurden seine Reihen;
ängstlich blickte er nach der Seite, woher Blücher kommen sollte, und
seufzte: „Ich wollte, es wäre Nacht, oder die Preußen kämen!" Endlich
um 4 Uhr griff Blücher den rechten französischen Flügel von der Seite
und im Rücken an, und bald war das ganze französische Heer auf der
Flucht. Da das englische Heer erschöpft war, übernahm Gneisenau mit
dem preußischen die Verfolgung. Nirgends hielten die Franzosen
stand. Napoleon selber sprang auf der Flucht aus dem Reisewagen
aufs Pferd und eilte ohne Hut, Degen und Orden davon. Wie staunten
die preußischen Soldaten, als sie die Sitzkasten seines Wagens ganz
mit Gold, Silber und Edelsteinen gefüllt fanden! An diese denkwürdige
Schlacht erinnert in Hannover der Waterlooplatz und die Waterloosäule,
in Osnabrück das Waterlvothor.
4. Friede. Schon drei Wochen nach der Schlacht bei Waterloo
rückten die verbündeten Truppen zum zweitenmal in Paris ein.
Napoleon wurde abermals abgesetzt und nach der kleinen Felseninsel
St. Helena im Atlantischen Ocean gebracht, wo er unter strenger Auf-
sicht noch sechs Jahre gelebt hat. Die vielen kleinen geistlichen und
weltlichen Ländchen, welche durch Napoleon ihre Selbständigkeit ver-
loren hatten, wie die Bistümer Osnabrück, Münster und Paderborn,
wurden nicht wieder hergestellt. Die noch vorhandenen 39 deutschen
Staaten vereinigten sich 'zu einem unauflöslichen Deutschen Bunde,
dessen Abgeordnete sich in Frankfurt a. M. zu einem deutschen Bundes-
tage unter Österreichs Vorsitz versammelten. Alle Bnndesglieder ver-
sprachen, untereinander keinen Krieg zu führen, gegen äußere Feinde
aber sich gegenseitig zu helfen. Die Hoffnung des deutschen Volkes auf
Wiederherstellung des Kaiserreichs, auf ein Reichsheer und auf ein ge-
meinsames deutsches Recht ging nicht in Erfüllung. Preußen erhielt
Vorpommern, das halbe Königreich Sachsen, sowie große Gebiete in
Westfalen und am Rhein. Hannover ward zum Königreich erhoben
und erhielt Ostfriesland, Lingen, Meppen, die Grafschaft Bentheim,
das Bistum Hildesheim und die Stadt Goslar.
5*