1896 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Waffen üben oder den Vater auf die Jagd begleiten. Die Mädchen
blieben bis zu ihrer Verheiratung im Elternhause. Wenn der Bräutigam
die Braut heimführte, fo schenkte er ihr ein Streitroß oder ein Paar an-
geschirrte Stiere oder auch Lanze und Schild, um anzudeuten, daß sie ihm
nötigenfalls auch in den Kampf folgen müsse. Der erwachsene Sohn wurde
in feierlicher Weise für mündig und wehrhaft erklärt, und zum Zeichen
dessen wurde ihm der Waffenschmuck angelegt. Er empfing die „Schwert-
leite". Nun war er der väterlichen Vormundschaft entwachsen und konnte
sich seinen Lebensweg bestimmen, wie er wollte. Mancher jüngere Bruder
blieb auf dem Hofe des älteren sitzen, viele erblose aber gingen in die
Fremde (z. B. zu den Römern), um Hof- und Heerdienst 311 suchen
(S. § 26).
§ 30. Die Bewohner Germaniens zerfielen in zwei Klassen: Freie
und Unfreie. Die Freien waren entweder Edle oder Bauern, die Un-
freien Hörige oder Sklaven. Jeder Germane, der einen freien Hof besaß,
war ein freier Mann. Er allein hatte das Recht, Waffen zu tragen und in
der Versammlung der freien Männer mit zu raten und zu thaten. Eine Anzahl
von benachbarten Grundbesitzern bildete eine Gemeinde (Markgenossenschaft),
mehrere Gemeinden einen Gau. Die freien Männer eines Gaues kamen zur
Zeit des Neu- oder Vollmondes bewaffnet zusammen auf der Mal- oder Ding-
stätte. Die Gauversammlung leitete der von den Freien erwählte Graf oder
Fürst. Sie hatte über die Angelegenheiten des Gaues, über Bündnisse, Krieg
und Frieden zu beraten und zu beschließen und das Gericht zu halten. Der
Beweis für Schuld und Unschuld wurde durch Zeugen (Eideshelfer) geführt,
oder auch durch eiu Gottesurteil erbracht. Zwischen den Freien entschied der
Zweikampf, die Unfreien mußten die Feuer- oder Wasserprobe bestehen. Der
Verurteilte zahlte als Strafe das Wergcld (Rosse, Rinder ec.). Ein Todesurteil
über den freien Mann durfte nur die Gottheit durch den Mund des Priesters
sprechen. Endlich wurde in der Versammlung die Schwertleite erteilt. Sie
schloß mit einem festlichen Gelage. — Einzelne Stämme der Germanen hatten
schon in früher Zeit Könige. Diese führten dann den Vorsitz in der Volks-
versammlung und im Gericht und den Oberbefehl im Kriege. Das Volk
brachte ihnen höhere Ehre und Geschenke dar. Junge, erblose Germanensöhne
traten gern in den Dienst des Königs. Sie bildeten seine Gesolgfchast. In
unverbrüchlicher Treue bis zum Tode waren sie ihrem Herrn ergeben. Dieser
nährte, schützte und beschenkte sie.
§ 31. Die Religion unserer Ahnen war einfach und sinnig.
Sie verehrten die gewaltigen Kräfte der Natur, die sie sich als persönliche
Wesen dachten. Der höchste Gott der Germanen war W0dan (Allvater),
der Herrscher der Welt. Ein streitbarer Held, umwallt vom blauen
Sturmmantel, den grauen Wolkenhut auf dem Lockenhaupte, jagt er auf
weißem Rosse im Wetter durch die Lüfte. Das „wütende Heer" folgt ihin.
Er spendet der Erde Regen und Sonnenschein, giebt wackeren Helden den
Sieg. Sein Thron steht in Walhalla, Schlachtenjungfrauen (Walküren)
stehen zu seinem Dienste bereit. Sie tragen die gefallenen Helden in
Walhallas selige Gefilde, wo Kampf und Schmaus ihrer warten. In
christlicher Zeit traten der Erzengel Michael und der h. Martin an Wodans
Stelle (Martinsfeuer). Wodans Gemahlin hieß Frigga, sein Sohn
war der rotbärtige Donar. Im Donnerwetter fährt er auf einem mit
2 Ziegenböcken bespannten Wagen durch die Luft. Wenn er in seinen
Weltkunde. c>