1896 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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werde, ob er auch seine königlichen Pflichten erfüllt habe. Deshalb aber
duldete er auch keinen Widerspruch. „Räsonnier er nicht!" war sein
kurzer Befehl. Aber was der König that, das that er nicht für sich,
sondern für das Wohl seines Volkes. Deshalb wurde sein unumschränktes
Regiment ein Segen für sein Land.
Friedrich Wilhelm sah ein, daß Preußens Ansehen sich aus ein
starkes Heer stützen müsse, und da er mit Leib und Seele Soldat war,
so arbeitete er rastlos an der Vermehrung und Vervollkommnung seiner
Truppen. Seine „lieben blauen Kinder" mußten zwar angestrengt exer-
zieren, und der Korporalsstock wie die Spießruten haben manchem blutige
Wunden geschlagen, aber andererseits sorgte der König auch wie ein
Vater für seine Soldaten. Besonders waren ihm die „langen Kerls"
ans Herz gewachsen, aus denen er sich ein ganzes Regiment gebildet hatte.
Je größer ein Mann dieses Regiments war, desto mehr monatliche Zulage
erhielt er, bis zu 60 Mark. Bei der Ausbildung seines Heeres half ihm
besonders der berühmte Held Fürst Leopold von Dessau. Der
Gleichschritt und der eiserne Ladestock wurden von ihm eingeführt. —
Der König aber vergaß über seine Soldaten nicht sein ganzes Volk
und Land.
Von den Zeiten des 30 jährigen Krieges her lagen noch Tausende von
Bauernhöfen, ja viele Dörfer wüst; dazu hatte die Pest Ostpreußen und
Litauen fast gänzlich entvölkert. Da galt es, die verlassenen Wohnstätten
wieder zu besetzen, sie meist von Grund aus neu aufzubauen, die wüst liegenden
Ländereien wieder zu beackern und Handel und Wandel neu zu beleben. Um
das zu erreichen, gab der sonst so sparsame König Millionen und aber Millionen
Thaler mit offenen Händen her. Er rief Zehnertausende von Ansiedlern in
sein Land, überwies ihnen Land und Saatkorn, Vieh, Ackergerät und Bau-
holz, ja oft die ersten nötigen Lebensmittel dazu, erließ ihnen Steuern und
Abgaben auf viele Jahre. In Ostpreußen allein siedelte er mehr als 15 000
protestantische Salzburger an, die von ihrem Bischof ihres Glaubens wegen
aus dem Lande getrieben waren. In Litauen, welches unter seiner väterlichen
Fürsorge herrlich aufblühte, wurden 12 Städte, 332 Dörfer und 49 Domänen
neu auf- und angebaut. Die höchste Sorgfalt wandte er seinen Domänen zu,
denn sie sollten nicht nur die höchsten Erträge an Korn, Vieh u. s. w. liefern,
sondern auch Musterwirtschaften für die Bauern der Umgegend sein. Jungen
Bauerstöchtern, die aus seiner Domäne Königshorst die Milchwirtschaft, welche
dort in holländischer Weise betrieben wurde, gut erlernt halten, schenkte der
König 24 Thaler zum Brautschatz. — Um die Gewerbe der Städte zu
fördern, befahl er, daß alles, was in seinen Landen selbst fabriziert werden
könne, hier auch wirklich hergestellt werden sollte. Er verbot deshalb u. a. die
Ausfuhr der Wolle aus seinen Landen; seine Unterthanen selbst sollten den
Verdienst für das Spinnen und Weben derselben haben. Damit sie aber ihre
Wollstoffe auch verkaufen konnten, befahl er, daß sämtliche Offiziere und Mann-
schaften seines Heeres und seine Beamten nur Kleider aus inländischen Tuchen
tragen sollten, wie er selbst es that. — Um die ganze Verwaltung seines
Reiches aufs pünktlichste regeln und aufs genaueste überwachen zu können,
setzte der König 1722 das General-Direktorium ein. Die beiden Haupt-
abteilungen desselben waren die Kriegs- und die Dom änenka m m er.
Sämtliche Rechnungen dieser Behörden mußten der Oberrechenkammer
eingereicht werden, welche sie aufs genaueste prüfen und dem Könige über den
Befund derselben Bericht erstatten mußte. — Friedrich Wilhelm wachte auch
scharf über strenge Rechtspflege in seinem Lande. Er schützte die Untergebenen