1896 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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e) Der deutsch-französische Krieg (1870/71). Preußens
glänzende Siege im Jahre 1866 waren den Franzosen höchst
unerwünscht gewesen. Napoleon und fein Volk sahen dazu mit
Schrecken, daß Deutschland mehr und mehr einig wurde. Sie
fürchteten, Preußen könne ihnen zu mächtig werden und sich
herausnehmen, auch ein Wort in der Welt mit zu reden. Die
Franzosen nannten sich die „große Nation" und bildeten sich
ein, an der Spitze aller Völker der Welt zu marschieren. Der
Gedanke, daß ein anderes Volk ihnen die geträumte erste Stelle
in der Welt streitig machen könne, war ihnen schier unerträglich.
Noch schien es früh genug, dies Entsetzliche zu verhüten, denn
noch war ja Süddeutschland nicht mit Norddeuischland vereinigt.
Man trieb Napoleon zum Kriege gegen Preußen, und Napoleon
selbst hatte neue Siege nötig, um seinen wankenden Thron zu
befestigen. Aber die Franzosen mußten doch auch einen Grund,
wenigstens einen Vorwand zum Kriege haben.
Der Grund — oder richtiger Vorwand — zum Kriege
mit Preußen war überraschend schnell gefunden. Die Spanier
hatten um jene Zeit ihre Königin (Jfabella) vertrieben und
suchten einen neuen König. Sie boten die spanische Krone dem
Erbprinzen Leopold von Hohenzollern an. Dieser war mit dem
preußischen Königshause sowohl, als auch mit Napoleon verwandt.
Prinz Leopold erklärte, er wolle die Krone annehmen, wenn die
Spanier ihn wählen würden. Darüber brach nun in Frankreich
ein ungeheurer Lärm los. Man redete sich ein, dahinter stecke
der König von Preußen, der wolle einen preußischen Prinzen auf
den spanischen Thron setzen. Alles drängte zum Kriege. Kaum
sah Prinz Leopold, welch schlimme Folgen seine Wahl zum Könige
von Spanien haben könne, so verzichtete er auf die dargebotene
Krone. Damit schien jeder Grund zum Kriege beseitigt zu sein.
Aber die Franzosen wollten Krieg; darum mußte der französische
Gesandte Benedetti den König Wilhelm, der in Bad Ems seinen
Kränchenbrunnen trank, auffordern, er solle versprechen, daß er
niemals dem Prinzen Leopold erlauben werde, den spanischen
Thron zu besteigen. Ja, man verlangte sogar von dem greisen
Könige, er solle in einem Schreiben die französische Nation öffentlich
um Entschuldigung bitten. Das war zu arg. König Wilhelm
wies den zudringlichen Benedetti kurz und bündig ab. ' Da hallte
durch ganz Frankreich der Ruf wieder: „Nach Berlin! Nach
Berlin!" Am 19. Juli 1870 wurde Preußen der Krieg erklärt.
Alldeutschland bereitet sich zum Kampfe. König
Wilhelm hatte voraiisgesehen, was kommen würde, nachdem er
die Forderung Napoleons mit stolzem Mannesmute zurückgewiesen
hatte. Deshalb war er gleich darauf von Ems nach Berlin
geeilt. Überall jubelten Deutschlands Völker ihm zu und zeigten
ihm, daß sie völlig eins mit ihm seien, wenn es gälte, Deutsch-
lands Ehre zu wahren. Eine Begeisterung, wie'1813, ergriff