1896 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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nehmen die kaiserliche Würde an in der Hoffnung, daß dem
deutschen Volke vergönnt sein wird, den Lohn seiner heißen Kämpfe
in dauerndem Frieden zu genießen. Uns aber und Unsern Nach-
folgern an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allzeit Mehrer
des Deutschenreiches zu sein, nicht an kriegerischen
Eroberungen, sondern an Gütern und Gaben des
Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt. Freiheit und
Gesittung." — Dann erhob der Großherzog von Baden seine
Stimme und rief: „Se. Majestät, Kaiser Wilhelm, lebe hoch!"
und unter den Klängen des: „Heil dir im Siegerkranz" stimmte
die ganze Versammlung dreimal in freudiger Begeisterung ein. —
Zum Heile des deutschen Volkes war es dem ersten Kaiser
des neuen Deutschen Reiches vergönnt, noch eine lange Reihe von
Jahren dessen Geschicke zu leiten. Er hat in dieser Zeit bewiesen,
daß es ihm heiliger Ernst war mit dem Gelöbnis, „allzeit
Mehrer des Deutschen Reiches zu seiu an Gütern
und Gaben des Friedens." Zunächst galt es, den goldenen
Frieden selber sicher ju stellen. Zu diesem Zwecke schloß er mit
den Herrschern von Österreich und Rußland das „Dreikaiser-
bündnis". Als dieses infolge des Berliner Kongresses (1878h
welcher Rußland nicht gestatten wollte, allein nach seinem Willen
auf der Balkanhalbinsel zu schalten und zu walten, sich auflöste,
schlossen sich Deutschland und Österreich enger zusammen. Diesem
Friedensbunde trat später auch Italien bei. Und bis heute haben
die Feinde des „Dreibundes" im Westen und Osten nicht
gewagt, den Frieden Europas zu brechen. — Unter den Fittichen
des Friedensengels konnten nun Deutschlands Fürsten und Völker
drangehen, das auf dem Schlachtfelde angefangene Werk der
Einigung durchzuführen. Das ist u. a. dadurch'geschehen, daß
durch das ganze Reich gleiche Münzen, Maße und Gewichte, gleiche
Rechtspflege u. s. w. eingeführt wurden; daß großartige' Ein-
richtungen zur Förderung der Erwerbsquellen der deutschen Nation
getroffen wurden, wir nennen nur die Gründung des Weltpost-
vereins, den Bau des Nordostseekanals, die Stellung der deutschen
Kolonieen in Afrika und in der Südsee unter den Schutz des
Reiches. Vor allen Dingen aber wurde das wichtige Werk in
Angriff genommen, für die deutschen Arbeiter zu sorgen, um die
Unzufriedenheit weiter Kreise unseres Volkes zu beseitigen.
Die Unzufriedenheit der Arbeiter, welche mit der Hand ihr tägliches Brat
verdienen müssen, hatte verschiedene Ursachen. Zunächst war es das riesige
Anwachsen der gewerblichen Ünternehmungen im großen (die sogen. Groß-
industrie). welches Tausende von Handwerkern, die sonst selbständig gewesen
waren, zu Lohnarbeitern machte. Die reich gewordenen Besitzer solch großer
Fabriken u. s. w. lebten vielfach herrlich und in Freuden, während ihre Arbeiter an
dem reichen Gewinne, den sie mit hatten erwerben helfen, keinen Anteil hatten.
In guten Zeiten konnten sie sich durchschlagen, in arbeitslosen Zeiten litten
Tausende Hunger und Kummer. So lange ihre Kraft frisch und leistungs-
fähig war. halfen sie sich, aber wenn sie krank, schwach und alt geworden
waren, kümmerte man sich nicht mehr um ihr Schicksal. Es war nicht mehr