1881 -
Leipzig
: Ed. Peters Verl.
- Autor: Senckpiehl, Richard, Schreiber, Carl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Bürgerschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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§ 65. Gebirge und Flüsse Afrikas.
Die Gebirge Afrikas sind meist terrassenförmig ansteigende Küstengebirge, die
sich nach dem Inneren in Plateaux verflachen.
Der Atlas zieht 300 Ml. lang vom Kap Ger am Atlantischen bis zum Kap
Bon am Mittelländischen Meere. Der südwestliche Hohe Atlas erhebt sich in dem
Miltsin 3577 m. An der Quelle der Maluviah gabelt er sich in den Kleinen
und Großen Atlas, zwischen denen eine mit Salzseeen bedeckte öde Hochfläche liegt.
Die Flußlandschasten des nördlichen Atlas, das Dell, sind außerordentlich fruchtbar,
und auch von dem südlichen rieseln eine Menge Bäche zur Wüste, in welcher sie sich
verlieren, aber auch eine Anzahl Oasen mit kräftigem Baumwuchs und üppiger Garten-
kultur erzeugen, wie die Algerischen Beni-Mzab, Wed-Rir und Wargla.
Das Konggebirge von Sudan ist im W. ein Massengebirge, das sich 300 Ml.
lang als Kettengebirge nach O., 975 m hoch, fortsetzt. Der aus ihm entspringende
Niger, 650 Ml. lang, umfließt es im N., durchbricht dasselbe im O. und bildet
in dem Meerbusen von Guinea ein vielarmiges Delta. Aus dem Westrande des
Gebirges entspringen der Senegal, der Gambia und der Rio Grande, welche
gleichfalls Deltas in dem sumpflgen und höchst ungesunden Küstenlande bilden.
Aus dem schmalen Küstensaume des Roten Meeres erheben sich die schönen
Abessynischen Alpen bis zur Region des ewigen Schnees mit Gipfeln von 4550 m.
Hier entspringt der Blaue Nil.
Südlich von diesem erhebt sich das noch wenig bekannte Mondgebirge und
noch südlicher die Schneeberge mit dem Kenia, 5850 m, und das Dschaga-
Gebirge mit dem Kilimandscharo, 5530 m, dann das Lupata-Gebirge, zu
beiden Seiten des Zambesi.
Auch das Camerou-Gebirge östlich des Nigerdeltas ist noch wenig erforscht.
Die Südspitze des afrikanischen Dreiecks erfüllen das Kahlamba-Gebirge,
das Quellgebiet des Orangeflusses, und die Schwarzen und Weißen Berge
am südlichen Küstensaume.
Der Nil, der „Retter aus der Wüste", entsteht aus dem Blauen und dem
Weißen Nil. Der erste, Bahr el Azrek, ist der Abfluß des Tsana-Sees
(Dembea) in Abessynien; der zweite wasserreichere, Bahr el Abiad, hat seine Quellen
in den seeenreichen Hochebenen unter dem Äquator und südlich desselben. Dort
liegen der von Bergen umgebene Mwutan Nsige oder Albert Nyansa, der
lange und schmale Tanganyika und östlich des ersteren der 1400 Q-Ml. große
Ukerewe oder Victoria Nyansa. Auf dem Plateau zwischen den beiden ersten
liegt (nach Stanleys Forschungen) ein kleiner See, der Akanjaru oder der Alexan-
der Nyansa. In diesen ergießt sich der nordwestlich vom Tanganyika entspringende
Kagera oder Alexandra-Nil und aus ihm der eben so benannte Abfluß des-
selben in den Ukerewe. Diesen betrachtet man jetzt als die wahre Nilquelle. Der
Abfluß des Ukerewe, der Victoria-Nil, ergießt sich, nachdem er die Ripon- und
Murchisonfälle gebildet, in den Albert Nyansa, dessen nördlicher Abfluß all-
gemein als Weißer Nil gilt, mit dem sich bei Chartum der Blaue Nil vereinigt.
Nach einem großen südlich geöffneten Bogen und häufigen Wasserfällen wendet er sich,
von Gebirgen begleitet, wieder nördlich und tritt unterhalb Assuan aus engem Felsen-
thore als ein mächtiger Strom in die 2—4 Ml. breite grüne Thalsohle Ägyptens,
eingefaßt von den rötlichen Granitketten der libyschen Wüste. Zwanzig Meilen von
der Küste, unterhalb Kairo, teilt er sich in zwei, bald in viele Arme, welche das
160 Q-Ml. große Delta bilden.