1900 -
Annaberg
: Graser
- Autor: Grohmann, Max
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Geyer.
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in Sachsen verdrängte. Die Maschinenspinnerei ist eine englische Erfindung.
Man schreibt sie gewöhnlich Richard Arkwright zu; doch haben spätere Nach-
forschungen ergeben, daß er wohl ein großer Verbesserer, aber nicht der Urerfinder
des Maschinenspinnens gewesen ist. In Sachsen waren in den 80er und 9oer
Jahren des vorigen Jahrhunderts kleine Handmaschinen von 10 bis 20 Spulen
zum Spinnen der Baumwolle in Gebrauch. Gegen Ende desselben führte Karl
Friedrich Bernhard das englische Spinnereisystem in Sachsen ein. Seine
Maschinen waren Mulemaschinen; sie wurden in einem dazu errichteten Gebäude
in Harthau bei Chemnitz durch einen Engländer, Namens Watson, aufgestellt.
Da er aber als bloßer Maschinenbauer die Maschinen nicht in Gang zu bringen
wußte, namentlich, wird erzählt, die Trommelschnur nicht aufzuziehen verstand, so
wurde ein englischer Spinner, Evan Evans, aus England herübergerufen, der
auch alsbald auf den Maschinen Garn spann. Der Vater des sächsischen Maschinen-
spinnens, besonders der Baumwollspinnerei, ist Evan Evans. Er ist 1765 in
New-Wales in England geboren und kam im März 1802 auf erhaltene Ver-
anlassung aus Manchester nach Sachsen. Nachdem er sich in Harthau als Spinn-
meister bewährt hatte, ging er nach Dittersdorf, um sich mit Maschinenbaue,: zu
beschäftigen. Mit dem Jahre 1809 siedelte er nach Geyer über und legte drei
Jahre später den Grund zu seiner eigenen großen Fabrik im benachbarten Sieben-
höfen. Evans zeichnete sich als Erfinder auf dem Gebiete des Maschinenspinnens
aus und wurde auch als solcher wiederholt von der sächsischen Negierung aus-
gezeichnet. Er fertigte die Maschinen für eine Menge neu entstehender Fabriken
in Erfenschlag, Wolkenburg, Wegefahrt, Mühlau, Lugau, Plaue, Schlettau re.,
auch für viele kleinere Werkstätten im Erzgebirge und im Vogtland, sowie in und
um Chemnitz. Evan Evans ist am 9. Dezember 1844 in einem Alter von
79 Jahren gestorben und liegt auf dem Friedhofe bei der Hauptkirche in Geyer
begraben. Die Saat aber, die der von groß und klein hochgeachtete Bürger
von Geyer gesät hat, grünt und blüht heute noch fort, denn am Geyersbach, der-
der Zschopau zufließt, hat er seine erste Spinnerei gegründet und längs des
Zschopauflusses haben sich die größten Spinnereien des Sachsenlandes angesiedelt.
Hermann Lungwitz.
7. Die Dinge auf dem Geyersberge bei Geyer.
Einst hätten, so erzählt die Sage, Geier dem Hühnerhof des Rittergutes
Tannenberg argen Schaden zugefügt. Da bestieg der geschädigte Edelmann sein
Jagdroß, um den Raubvögeln nachzuspüren. Das Gestrüpp auf der bewaldeten
Höhe hinderte ihn am weiteren Vordringen, er band daher sein Pferd an einen
Baum, schritt zu Fuß weiter und fand den Horst der Nittelgeier auf, er zerstörte
denselben, ebenso gelang es ihm, die alten Vögel zu erlegen. Als er zu seinem
Roß zurückkam, hatte es mit seinen Hufen Zwitter und Zinngraupen entblößt.
Der Edelmann steckte das Erz zu sich, zeigte es Kundigen und auf deren Anraten
schlug man auf derselben Stelle ein. So wurde der Geyersberg fündig. Es
geschah dies nach Dschrans Vermutung zu Anfange des 14. Jahrhunderts. Die
Ansiedelung aber, welche sich wegen der schon früher aufgefundenen reichen Silber-
und Kupfererze in dem Thalc gebildet hatte, bekam nach den Raubvögeln den
Namen Geyer, und noch heute führt diese Stadt drei Geierköpfe im Wappen.
Die Ausbeute des Geyersberges scheint eine sehr reiche gewesen zu sein, sind
doch aus den Gruben nach einer vom Bergamt zu Freiberg gemachten Zusammen-
stellung von der Auffindung bis zum Jahre 1845 (die Ausbeute nach diesem
Jahre ist ohne Belang) im ganzen rund 72 600 Zentner Zinn gefördert worden,