1900 -
Annaberg
: Graser
- Autor: Grohmann, Max
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Das Obererzgebirge.
und Herz, sowie den Herzknochen, welcher sich zwischen den Herzkammern be-
findet. mit nach Hause, wo er von seinen Angehörigen festlich empfangen wurde.
Auch die Nachbarn fanden sich ein und es entwickelte sich das Gelage nach der
Jagd, bei welchem mächtige Braten und eine Unmenge von Bier, Met oder
Birkenschnaps vertilgt und dem alten Laster der Germanen, dem Würfelspiele,
gefrönt wurde. Bei dieser Gelegenheit verspielte man oft Hans und Hof, Weib
und Kind, sowie die Tiere und andere Habseligkeiten. Aber nicht zu ernst war
der Verlust zu nehmen; denn am andern Morgen war alles wieder vergessen.
Nach Prof. vr. Marshall.
I). Kurfürstliche Jagden im oberen Erzgebirge.
Unser oberes Erzgebirge hat von jeher als ergiebiges Jagdgebiet
gegolten. Freilich ist es seit den Jahren 1831 und namentlich seit 1849 anders
geworden, denn auch bei uns gehört es nun zu den Seltenheiten, einen Hirsch
im Freien beobachten zu können, dieses stattliche Tier, den Stolz der Wälder
und die Krone der Jagd. Die Kurfürsten von Sachsen waren seit den Tagen
des landwirtlichen August Freunde der Jagd. Namentlich war Kurfürst Johann
Georg I., welcher von 1611—1656 regierte, einer der gewaltigsten Jäger seiner
Zeit. In der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden befindet sich ein
Verzeichnis in altsächsischer, schöner Schriftart, als ein stattlicher Band in
grünem Samt gebunden mit prächtig gravierten goldenen Beschlägen, Ecken und
Schließen versehen, es ist dies das Jagdbuch des Kurfürsten Johann Georg I.
Nach demselben hat der Kurfürst in der Zeit von 1611—1653 u. a. 15228
Hirsche, 29196 Eber, 203 Bären, 1543 Wölfe, 200 Luchse, 11811 Hasen und
18957 Füchse erlegt. Der Kurfürst hatte sich in einem der Giebel des Residenz-
schlosses zu Dresden ein besonderes Zimmer eingerichtet, welches das Paradies
genannt wurde. Die Wände waren mit Waldgegenden bemalt, dabei die Felsen
der Bastei, auf denen Gemsen zu sehen waren. In der Mitte waren zwei die
Decke stützende Säulen als Bäume mit ledernen Blättern geschmiickt. Hier trieb
der Kurfürst anatomische Studien an dem erlegten Wild. Schon die Vorgänger
von Johann Georg hielten sich wegen der Jagd in unserem Gebirge auf, ge-
treulich hat cs Christian Lehmann in seinem Historischen Schauplatz berichtet.
Herzog Heinrich fing in einer Stallung, also in einem umfriedigten Raum, in
Wolkenstein am 14. September 1516 nicht weniger als 43 Stück Wild, was
zu jener Zeit als ein wahres Wunder angestaunt wurde. Das Wild kam zum
Kindtaufsschmaus, den der glückliche Waidmann seinem Töchterlein, der Prin-
zessin Sibylle, in Freiberg ausrichtete. 1542 jagte Herzog Moritz im Gebirge
und fing in Grumbach drei „schreckliche" Bären. Wegen der Nutzbarkeit an
Fleisch, Fett und Haut und wegen der mit seiner Erlegung verbundenen Gefahr
gehörte die Bärenjagd zur wichtigsten Jagdart. Übrigens berichtet ein Augen-
zeuge weiter, daß Herzog Moritz außer den Bären in einer Stunde 7 Hirsche
geschossen habe, er sei grün gekleidet gewesen, habe einen englischen Hund bei
sich gehabt und seine Gemahlin habe mit 14 Frauenspersonen neben ihm ge-
standen. Nach der Bäreuhetze ließ er den Bauern ein Faß Bier und den
Bergleuten zwei Faß geben, weil sie das Beste gethan hatten. Die Lust au
der Jagd führte auch den Kurfürsten Vater August in unser Gebirge, er scheint
sich hauptsächlich in Crottendorf aufgehalten zu haben, da der Chronist sagt:
„Anno 1567 kam er (Kurfürst August) zu Crottendorf an, lag daselbst in
Hackebeils Mühle, besagte die Wälder, schoß auch eine Stallung ab zu Crotten-
dorf auf David Georgens Feld, ließ das Wild da auswirken." Als Friedrich