1900 -
Annaberg
: Graser
- Autor: Grohmann, Max
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Obererzgebirge.
fragte er ihn. „Nein, ich soll aufsehen, wenn er wird ans sein." „Wer, denkst
denn Dn, wer ich bin?" Der Bauer sieht ihn an, ohne den Hut zu ziehen
und ohne eine Reverenz zu machen und spricht endlich: „Ich sehe wohl, daß
Ihr ein Herr seid, Ihr habt doch Stiefel an." Während des weiteren Ge-
spräches kommen die Jäger hinzu und verwundern sich. Der Kurfürst aber
lacht und spricht: „Einen solchen tölpischen Fichtclberger habe ich im Gebirge
noch nicht gesehen", und läßt ihm venedische Seife geben, d. i. ergänzt der
Chronist, die Haare ein wenig zausen. Von Crottendorf schickte der Kurfürst
zwei Waldhüter mit drei Wildtauben nach Annaberg und verehrte dem Super-
intendenten, dem Kapellenprediger und dem Hospitalpsarrer jedem eine. Als er
in Steinbach 300 Stück Wild abgeschossen und auch ein Abschießen in
Mauersberg gehalten hatte, kam er von Crottendorf nach Schlettau und
fischte daselbst zwei Teiche. Hier ereignete sich's, daß der Bäcker Auersbach auf
dem Teichdamm einen Fußfall vor dem Kurfürsten that und um Verzeihung
seinen Herrn anflehete. Er hatte nämlich an seinem Krautzann ein Stück Wild
am Fuß in einer Schlinge gefangen. Kurfürst: Was wolltest Dn damit machen?
Bäcker: Ach, gnädigster Kurfürst und Herr, ich wollte dem Stück Wild nichts
am Leben thun, sondern nur ein paar Schläge geben, weil es mir das Kraut ab-
gefressen hatte. Kurfürst: Ja, Dir sollte man Schläge geben. Wenn ich Deines
grauen Kopfes nicht scheute, wollte ich Dir weisen, wie Du mein Vieh hegen
solltest, laß ich doch Dein Vieh auf meinem Grund und Boden gehen und
zürne nicht darum, gehe und hüte Dich.
Am 9. August 1628 hielt der Kurfürst ein Abschießen zwischen Steinbach
und Grumbach, er erlegte dabei 570 Stiick Wild. Er ließ auch den Herrn
Peter Versmann, Pfarrer zu Arnsfeld, vor sich predigen, und da ihm seine
Gaben wohl gefielen, versorgte er nicht allein sein Haus mit Wildbret, sondern
er befahl auch seinen Leibärzten, sie sollten den armen Mann, weil er wasser-
süchtig war, doch heilen. Die Ärzte versuchten ihr Heil, trieben zwar das
Wasser heraus, aber der Pfarrer fiel in die Schwindsucht, worau er starb.
„Gesegne euch Gott, ihr Hölzer, ich sehe euch nicht wieder," waren die Ab-
schiedsworte des Kurfürsten an sein erzgebirgisches Jagdgebiet.
Die Fanfaren der kurfürstlichen Jäger sind in unserem Erzgebirge schon
seit langer Zeit verstummt, der Reichtum an Wild ist verschwunden, dennoch
ist die Poesie in unseren Wäldern nicht ganz dahin, denn noch hört man, wenn
auch vereinzelt, in unseren Staatsforsten auf dem Kamme des Gebirges den
Schrei des Hirsches und noch lacht in hoher Krone der Auerhahn!
Nach Lungwitz.
c. Jagdsronden der Obererzgebirger.
Eine große Last waren die Jagddienste, welche die Unterthanen zu leisten
hatten. Im Amte Crottendorf hatten von 302 Mann die eine Hälfte die
Seile in die Wildhecken einzubinden, wieder aufzuheben und vor den Seilen
aufs Wild zu warten; die andere Hälfte hatte die Netze, Tücher und Seile
aufzuhängen und zu trocknen, sowie das Jagdzeug auf die Wolfsjagd zu fahren.
Zu den Netzfuhren mußten auch die Hammermeister Vorspann leisten und er-
hielten dann von den dienstpflichtigen Dorfschaften für 4 Pferde 16 Groschen,
für 2 Pferde 8 Groschen. Außerdem hatten die Dorfschaften noch die Wild-
bretfuhren, die Abfuhr des erlegten Wildes, zu leisten, die Hammermeister, zwei
Jäger mit Jägerburschen, Hundebuben und Hunden, nach Gelegenheit der zuge-
stellten Jagden mit Herberge und Mahl zu versorgen. Zn einer im Jahre
1564 beabsichtigten kurfürstlichen Jagd im Erzgebirge wurden erfordert: im