1900 -
Annaberg
: Graser
- Autor: Grohmann, Max
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Das Obererzgebirge.
1625 des Nachts das mit Riegeln, Ketten und Schlössern stark verwahrte
Schloszthor in Joachimsthal von einem fast unnatürlich gewaltsamen Winde
anfgestoßen und geöffnet wurde. Es wurde so getrennt, daß das Hinterteil des
mittleren Riegels samt dem starken Thornagel und der eisernen Feder geborsten
und das Vorlegeschloß samt dem Kloben, der das Thor mit einer starken
eisernen Kette über dem Thorriegel geschränkt, eine Stube weit davon auf dem
Schloßplätze verschlossen gelegen. Dieser ungemeine Sturm hat den damaligen
Bauernkrieg nach sich gezogen.
Das Obererzgebirge im Schmalkalöischen Ariege.
a. Der Kriegsschauplatz im Obererzgebirge.
Als der Schmalkaldische Bund siegreich gegen Kaiser Karl V. zog,
siel Herzog Moritz in das Kurfürstentum Sachsen ein. Da trennte sich am
23. November 1546 Kurfürst Johann Friedrich von seinen Bundesgenossen,
um sein eigenes Land wiederznerobern. Nachdem er Leipzig vom 9. bis 27.
Januar 1547 vergeblich belagert hatte, zog er mit seinem Hauptheere in die
Gegend von Borna und Altenburg. Von da aus entsendete er einzelne Truppen-
abteilungen gegen die von Moritz besetzten Landesteile und Städte, sowohl des
herzoglichen als aus kurfürstlichen Gebietes. Es gewannen Mitte Mai seine
Heerhaufen die Bergstädte Annaberg, Marienberg und einige andere Orte
dieser Gegend und drangen bis Joachimsthal vor.
In dem Schmalkaldischen Kriege scheint die Stadt Geyer durch ihre
Doppelstellung zu dem albertinischen und ernestinischen Hause, die auch in betreff
des Bergbaues Schwierigkeiten machte, wenigstens auf kurze Zeit in eine ge-
fährliche Lage gekommen zu sein. Der Kurfürst Johann Friedrich war im
Anfang März 1547 mit seinem Heere gegen Rochlitz aufgebrochen und hatte
hier den Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, damals des
Herzogs Moritz Verbündeten, in einem Treffen geschlagen. Während Moritz
und August auf Dresden zurückgingen, wandte sich der Kurfürst gegen das
erzgebirgische Oberland und nahm hier eine Stadt nach der andern, ohne aber
seine glücklichen Erfolge thatkräftig genug auszubeuten. In dieser für das
albertinische Haus gefahrvollen Zeit schrieb am 29. März Katharina, die
Witwe des Herzogs Heinrich, die sich gleichfalls nach Dresden geflüchtet hatte,
an ihre erzgebirgischen Städte Geyer, Ehrenfriedersdorf, Wolkenstein
und warnte dieselben ernstlich, daß sie sich nicht wider ihre Landesherren Moritz
und August durch den Kurfürsten Johann Friedrich gebrauchen lassen sollten,
von dessen Kriegsvolk sie vor etlichen Tagen überzogen worden seien.
Nach Dr. Spich und Dr. Falke.
b. Kriegsdrangsale in Zwickau.
Daß sich dieser Krieg, dessen Fäden beim Ansbruch in der Hauptsache
nach Süddeutschland führten, im weiteren Verlaufe nach Sachsen spielen und
dort zur Entscheidung kommen würde, hatte wohl niemand, die beteiligten Führer
nicht ausgenommen, geahnt. Auch unser Erzgebirge mußte manche Sturzwelle
desselben über sich ergehen sehen. Ganz besonders hatte die Stadt Zwickau zu
leiden. Diese galt in der damaligen Zeit für eine ziemlich bedeutende Festung
und wurde als Schlüssel zum Vogtland und zur böhmischen Grenze angesehen.
Ihre Bürger waren gut kurfürstlich gesinnt. Ferdinand von Böhmen, der