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1. Das Obererzgebirge - S. 121

1900 - Annaberg : Graser
Das Obererzgebirge. 121 der Spinnerei gesellte sich die Weberei und Strumpfwirkerei. Vor dem Dreißig- jährigen Kriege hatte in Chemnitz außer der Leinweberei die von Niederländern eingebürgerte Tuchmacherei geblüht. Nunmehr wandte mau sich mit Erfolg der Baumwollweberei zu und fertigte anfangs 1717 Barchent und dann 1725 Musseline und Kattune und allerlei bunte Waren. Fünfzig Jahre nach dem Betreten der neuen Bahn mögen in und um Chemnitz 2000 Handstühle in Thätigkeit gewesen sein. Die Strumpfwirkerei war in Chemnitz schon 1728 eingeführt worden. Sie gewann aber erst große Bedeutung, als es dem Kaufmann Esche in Limbach 1776 gelungen war, mit Hilfe zweier geschickter Arbeiter den von dem Engländer Lee erfundenen Strnmpfwirkerstuhl nachzu- bauen. Auch das erzgebirgische Franengewerbe erhielt im Laufe des 18. Jahr- hunderts eine Zugabe. Die ans Bialystock gebürtige Klara Angermann, welche sich mit dem Förster Nollain in Eibenstock vermählte, hatte in einem polnischen Kloster das Tambourieren oder Sticken mit einer Häkelnadel gelernt und verpflanzte es 1775 nach Eibenstock. Rechnet man zu dem allen, daß der Bergbau durch die 1765 in Freiberg errichtete Bergakademie zur Wissenschaft erhoben wurde und man nun im stände war, einen größeren „Teufen" abzubauen und minder edle Erze zu verhütten, so wird man begreifen, daß schon im verflossenen Jahrhunderte das Erzgebirge ein Hanptindnstriegebiet für Sachsen, ja für ganz Deutschland wurde. Dabei ist jedoch anzuerkennen, daß die Großindustrie erst seit Anwendung der Ma- schinen und der Einführung des fabrikmäßigen kaufmännischen Betriebes ent- standen ist. Der Gebrauch der Spinnmaschine, die 1775 durch Richard Arkwright in England verbessert wurde, die Anwendung des Jacquard- und des Kraft- oder mechanischen Webstnhles wirkten entscheidend. Trotzdem daß die Handspinnmaschinen in die Rumpelkammer verwiesen, das Weberschifflein der Hand des Arbeiters entzogen und der gewöhnliche Strnmpfwirkerstuhl auf gewisse Arbeiten beschränkt wurde, so wuchs die Erzeugung von Waren doch ungemein und wurden überhaupt viel mehr Leute beschäftigt denn früher. Auch bei der Klöppelei und Stickerei traten Maschinen auf, so die 1800 von Heathcoat in Nottingham erfundene und rasch vervollkommnete Bobbinet- maschine, welche einfache Spitzen sehr billig herstellt, und ferner die von den Schweizern aufgebrachte Stickmaschine, welche 200—500 Nadeln durch einen Hebeldruck in Bewegung setzt und darum nicht zu verwickelte Muster um einen geringen Preis liefert. Beide Maschinen machten der Frauenarbeit gefährlichen Wettbewerb, drückten die Löhne herab und drohten, der weiblichen Hand, welche früher das Spinnrad und neuerdings durch die Strick- und Nähmaschine fast das Strick- und Nähzeug verloren hat, auch den Klöppel und die Sticknadel zu entwinden. Aber durch den Übergang zu künstlicheren Mustern und die Verbindung von Maschinen- und Handarbeit ist es ihr dennoch gelungen, sich neben und mit den Maschinen zu behaupten. Im Sehmathale herrscht die Posamentenerzeugnng als Hausindustrie und zieht sich in starkbevölkerten Dörfern über Annaberg und Bnchholz bis zu dem Fichtelberge hinaus, an dessen Fuße die vier Städtlein Wiesenthal liegen. Die Mannigfaltigkeit der Posamentenerzeugnng läßt sich nur andeuten; alles, was Kleiderbesatz und Garnitur heißt, Ornamente, Knopf, Borte, Franse, Quaste, Schnur, wird gewirkt und geschlungen, gedreht und genäht. Geht das Ge- schäft flott, wie 1844—1849, in den 60er Jahren, auch in den ersten 70er fahren noch, dann sind Tausende von Posamentierstühlen, Hunderte von Mühl-
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