1911 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Medrow, P., Kahnmeyer, Ludwig, Gieseler, Albert, Schulze, Hermann, Borchers, Emil, Baade, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Nördlich von der Eindecker Bucht zieht sich an der linken Seite ein Sand-
steinzug hin, den man als den westlichsten Ausläufer des Westerhof- und Ganders-
heimer Berglandes betrachten kann. Der Zug beginnt an der Leine mit der
Hube, er setzt sich fort in dem Elsas und endigt erst an der Weser unter dem
Namen Vogler. Dann folgt auch an dieser Seite ein Kalksteingebiet. Man
bezeichnet es als die Hilsgruppe. Der Ostrand desselben begleitet das linke
Flußufer und führt den Namen Selter; hernach werden die Kalksteinhöhen von
der Leine abgedrängt durch den Sandsteinzug, der ja hier das Flußbett der Leine
kreuzt. In der Hilsgruppe prägen sich zwei Züge besonders deutlich aus. Sie
heißen der Hils und der Ith. Im Hils liegt an schöner geschützter Stelle der
Badeort Grünenplan. Viel besucht wird auch die Lippoldshöhle, die wohl
den unterirdischen Teil einer auf der Lippoldshöhe gelegenen Raubburg ausmachte.
Die ganze Hilsgruppe ist wirtschaftlich von großer Bedeutung. Ihr Gestein wird
gebrochen, um daraus Bausteine zu gewinnen. In großen Kalköfen brennt man
Kalk; die Tonlager liefern den Töpfern das Material zu Steingutgefäßen. Man
findet auch Eisen und Braunkohle, und die Solquellen und schönen Waldungen
verhelfen den Leidenden zur Genesung. Durch das Tal eines kleinen Flusses
werden Külf und Hilsgruppe von dem nördlicher gelegenen Oster Wald getrennt.
Hier gewinnt man Steinkohlen; auch bricht man Sandstein zu Baumaterial. An
den Oster Wald reiht sich der Kleine Deister, der ein königliches Jagdgebiet
bildet und mit Rücksicht auf die vielen Wildschweine, die hier gehegt werden, auch
Saupark genannt wird. Eine über 20 km lange und 2lh m hohe Mauer
schließt den Jagdbezirk ein. Eine schmale Senke, in der das Städtchen Springe
(3100) liegt, muß man dann überschreiten, um aus dem Kleinen Deister in den
eigentlichen Deister zu gelangen. Er bildet ein sehr unwegsames Gebirge; denn
kein einziges Quertal durchschneidet den fast 3 Meilen langen und durchschnittlich
300 m hohen Bergrücken. Der Deister liefert Sandstein, Kohlen, Eisenerze,
wertvolle Salze und vorzüglichen Töpferton.
Das Land nördlich vom Bergland der Leine und der Innerste ist ein
Hügelland, welches bis Hannover reicht. Es bildet den Übergang zur Tief-
ebene und hat fruchtbaren Boden, der zum Anbau von Zuckerrüben, Getreide
und Gemüse benutzt wird. Fast wichtiger als der Ertrag, den die Ober-
fläche des Bodens liefert, ist das, was die Tiefe birgt. Kochsalz und Dünge-
salze, Gips und Baukalk, Erdöl und vor allen Dingen Eisen wird in diesem
Hügelsaume gewonnen. Das zuletzt genannte Mineral findet sich in besonderer
Menge im Flußgebiet der Fnse, eines linken Nebenflusses der Aller. Daher ist
südlich von der Stadt Peine bei dem Dorfe Groß-Jlsede ein großes Hütten-
werk entstanden, in dem das dicht unter der Oberfläche liegende Eisenerz aus-
geschmolzen wird. Millionen von Zentnern Eisen werden hier gewonnen, und
über 2000 Arbeiter finden dabei Beschäftigung. Noch größer ist die Arbeiter-
zahl, die in der auch an der Fnse gelegenen Stadt Peine (16700) tätig ist,
das in Gr. Ilsede gewonnene Roheisen weiter zu verarbeiten. Vor 70 Jahren
hatte der Ort kaum 3000 Einwohner. Das Eisenwerk in Peine übertrifft
sämtliche andere der Provinz an Größe. — Die wichtigste Stadt des Hügel-
landes ist natürlich die am Rande desselben liegende Hauptstadt Hannover
(302000). Der Größe nach ist sie die 7. Preußens und die 12. Deutschlands.