1911 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Medrow, P., Kahnmeyer, Ludwig, Gieseler, Albert, Schulze, Hermann, Borchers, Emil, Baade, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
I
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10. Nov.
1483
eines Irrtums überführt, so will ich gerne widerrufen, wo nicht, so werde ich
bis in den Tod meinem Glauben treu bleiben." Da verdammte ihn das Konzil
zum Feuertode. Auf einer Insel im Rhein wurde der Scheiterhaufen errichtet
Als die Flammen emporschlugen, saug Hus: „Christe, du Lamm Gottes, erbarm
dich mein!" bis der Rauch die Stimme des Sterbenden erstickte. Seine Asche
wurde in den Rhein gestreut. Ein Jahr darauf wurde auch sein Freund
Hieronymus an derselben Stelle verbrannt.
4. Hussitenkrieg. 1419—1435. Wilder Zorn ergriff die Böhmen bei
der Nachricht von dem Feuertode des Johann Hus. Ritter, Bauern, Hand-
werker scharten sich zusammen und forderten den Kelch beim Abendmahle
zurück. Zu ihrem Anführer wählten sie den wilden Ziska (d. h. der Ein-
äugige). In ihren Fahnen flatterte das Bild des Kelches, und dem Zuge voran
ging ein Priester mit dem Kelche in der Hand. 1419 drangen sie ins Prager
Rathaus und stürzten 13 Ratsherren zum Fenster hinaus, weil diese Befehle
gegen ihre Versammlungen erlassen hatten. Dann plünderten sie Kirchen und
Klöster und verübten furchtbare Grausamkeiten an den Katholiken. Den Kaiser
Sigismund wollten sie als König von Böhmen nicht anerkennen, weil er wort-
brüchig geworden sei. Er schickte mehrere Heere gegen sie, aber diese konnten
nichts ausrichten. Mit Sensen, Keulen, Dreschflegeln und Lanzen bewaffnet,
durchzogen die Hussiten Böhmen, Bayern und Franken und verwüsteten alles
Land ringsumher. Später kam ein Vertrag zustande, wonach die Hussiten Sigis-
mund als König anerkannten, während ihnen der Kelch beim Abendmahl
zugestanden wurde.
2. Dr. Martin Lutber.
1. Iugencl. Luther wurde am 10. November 1483 in Eisleben geboren
und am folgenden Tage auf den Namen Martin getauft.
Er sagt von sich selbst: „Ich bin eines Bauern Sohn. Mein Vater, Großvater und
Ahnherr sind rechte Bauern gewest. Darnach ist mein Vater (von Eisleben) nach Mans-
feld gezogen und allda ein Bergmann geworden. Mein Vater ist ein armer Häuer gewest,
die Mutter hat all ihr Holz auf dem Rücken eingetragen, damit sie uns Kinder erziehen
könnte. Sie haben es sich lasten blutsauer werden. Meine Eltern haben mich gar hart
gehalten, daß ich auch darüber ganz schüchtern wurde. Die Mutter stäupte mich einmal
um einer geringen Nuß willen, daß das Blut darnach floß. Meiner Mutier ernst und
gestreng Leben, das sie führte, das verursachte mich, daß ich hernach in ein Kloster lief
und ein Mönch wurde."
Frühzeitig besuchte der kleine Martin die Schule, und da er fleißig war
und schnell lernte, so sollte er einmal ein gelehrter Mann werden. In seinem
14. Jahre brachten ihn seine Eltern auf die lateinische Schule nach Magdeburg
und ein Jahr später nach Eisenach. Hier ging er nach altem Brauch mit
anderen Chorschülern von Zeit zu Zeit in den Straßen umher und sang vor den
Häusern reicher Leute fromme Lieder. Einst war er von zwei Häusern ohne
Singelohn abgewiesen worden. Traurig und verzagt kam er zu der Wohnung
der Frau Cotta, die schon oft gehört hatte, wie schön und andächtig der arme
Martin sang. Sie rief ihn herein, gewann ihn sehr lieb und nahm ihn in ihr
Haus und an ihren Tisch. Jetzt konnte er ohne Sorge fleißig arbeiten und auch
noch Flöte und Saitenspiel lernen.