1914 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Baas, Karl, Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 151
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Tage oder Wochen lang herausströmt. In Amerika kam dieser Fall kurz nach der Ent-
deckung des Steinöls nicht selten vor. Die Besitzer der Quellen konnten gar nicht Fässer
genug herbeischaffen und mußten das Öl laufen lassen, wohin es wollte. In den
meisten Fällen wird jedoch das Petroleum durch Pumpen aus der Erde hervorgeholt.
b) In größeren Mengen wurde das Steinöl züerst in Amerika aufgefunden.
Ein Bohrloch im Staate Pennsylvanien lieferte 1859 mit Anwendung einer kleinen
Pumpe täglich 1600 l, später sogar 4000 l. Überall wurde nun in der Umgegend
nach Petroleum gebohrt, und bald entlockte man der Erde reiche Schätze dieses bis
dahin unbekannten Minerals. Wie kurz zuvor die Goldfelder Kaliforniens, so
zogen jetzt die Ölfelder die Menschen in großer Zahl herbei, und die Städte
wuchsen wie Pilze aus der Erde. Auch an verschiedenen Stellen Deutschlands:
Braunfchweig, Holstein, Bayern, Lüneburger Heide usw. sind Petroleumquellen
entdeckt, doch sind sie nicht besonders ergiebig. Sehr große Vorräte von Steinöl
hat man dagegen in Baku am Kaspischen Meer aufgefunden. Der Hauptbedarf
wird aber immer noch durch amerikanisches Öl gedeckt.
c) Das Steinöl sieht im rohen Zustande hell- oder dunkelbraun aus und
bildet eine ziemlich dickflüssige Masse, die sehr stark riecht und sich leicht entzündet.
Damit das Öl für unsere Lampen brauchbar werde, destilliert man es mehrere Male.
Dabei verflüchtigen sich zunächst die leicht entzündbaren Stoffe, Petroleumäther und
Benzin; dann erst scheidet sich das Petroleum von der dichteren Masse aus. Es
ist jetzt wasserhell oder schwach gelb gefärbt und zeigt einen bläulichen Schimmer.
Während sich das rohe Petroleum schon bei —f- 70 G entzündet, geschieht dies bei dem
gereinigten Öle erst bei einer Wärme von 38—40° C. Da sich aber das Petroleum
sehr leicht an einer Flamme entzündet, sei man mit der Anwendung des Petroleums
vorsichtig. Besonders ist anzuraten, die Lampen am Tage und nicht abends bei brennen-
dem Lichte mit Petroleum zu füllen. Auch darf man das Feuer im Ofen niemals da-
durch zum Brennen bringen wollen, daß man aus einer Flasche Petroleum hineingießt.
22. Bernstein, a) Der Bernstein kommt besonders an den Küsten der Ostsee
vor. Dort hat man Rinden- und Holzstücke gefunden, an denen er festsaß wie Harz
an der Kiefer. Auch findet man vielfach Stücke, in denen allerlei Tier-
lein, Mücken, Ameisen, Fliegen, Spinnen u. a., eingeschlossen sind.
(Fig. 58.) Ebenso hat man Nadeln und Zapfen in ihnen eingeschlossen
gefunden. Aus allen diesen Tatsachen hat man gefolgert, daß der
Bernstein nichts weiter ist als Harz ausgestorbener Nadelbäume.
58' b) Zünde ein Stückchen Bernstein an! Es brennt leicht. Daher
auch der Name Bernstein; denn bernen heißt soviel wie brennen, Bernstein also
Brennstein. Die Flamme ist rußig, ähnlich wie beim Harz der Tannen.
c) Am häufigsten findet sich der Bernstein an der Küste Samlands. Dort
liegt er in einer Schicht „blauer Erde", 30—33 m tief unter der Oberfläche. Man
gräbt bis zu dieser Schicht hinunter und durchsucht hier dann jedes Krümchen Erde.
Die „blaue Erde" erstreckt sich auch weit unter dem Meeresboden hin. Die im
Meere liegenden Stücke verwickeln sich sehr oft in Seetang. Daher sieht man
am Strande Arbeiter bis an die Brust ins Wasser gehen und das Kraut ans
Ufer holen. Weiter hinaus ins Meer fährt der Taucher mit einem Boote. Bei
ruhigem Wetter sieht er deutlich den Bernstein auf dem Meeresgrunde liegen. Er
springt dann hinunter, stößt den Bernstein los und bringt ihn nach oben. Der