1912 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Baade, Friedrich, Borchers, Emil, Gieseler, Albert, Schulze, Hermann, Liekefett, Franz, Kahnmeyer, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Aber auch Odoakers Reich war nur von kurzer Dauer. Denn bald kam Theodorich
d. Gr., den die Sage Dietrich von Bern nennt, mit seinen Ostgoten aus Ungarn herbei,
beseitigte Odoaker und nahm Italien in Besitz. Unter Theodorich hatte Italien Frieden
und gelangte zu hoher Blüte. 60 Jahre dauerte hier das Gotenreich. Nach Theodorichs
Tode bereiteten List und Verrat dem Volke den Untergang. Narses, der Feldherr des
oströmischen Kaisers, besiegte die Goten und machte Italien zu einer Provinz des ost-
römischen Reiches.
Bald daraus (568) kamen die Langobarden (aus dem heutigen Brandenburgischen
und Lüneburgischen) unter ihrem Könige Alboin herbei, eroberten Italien und gründeten
hier das lombardische Königreich mit der Hauptstadt Pavia.
Iv. Gründung des Frankenreiches und Einführung des
Christentums in Deutschland.
i. Das franhenmcb.
1. Gründung. Unter den neuen Reichen, die durch die Völkerwanderung
entstanden, wurde bald das Frankenreich das mächtigste. Es lag im nördlichen
Gallien und zu beiden Seiten des Niederrheins. Ursprünglich zerfielen die
Franken in viele Stämme mit eigenen Königen. Der erste König, der die ein-
zelnen Reiche zu einem großen vereinte, war Chlodwig, aus dem Geschlechte
der Merowinger.
2. Bekehrung Chlodwigs. Die Gemahlin Chlodwigs hieß Chlotilde. Diese
war eine Christin und wünschte nichts sehnlicher, als auch ihren Gemahl sür die sanften
Lehren unseres Heilandes zu gewinnen. Aber der wilde Chlodwig hatte dafür keinen
Sinn. Er beteuerte fest: „Ich werde meine alten Götter nie verlassen, da sie mich bisher
von Sieg zu Sieg geführt haben." Doch was die Bitten der Gattin nicht vollbringen
konnten, das vollbrachte endlich die Not. Zu beiden Seiten des Oberrheins wohnten die
Alamannen. Als diese immer weiter nach dem Unterrheine vordrangen, griff Chlodwig
sie zwischen Aachen und Bonn (bei Zülpich) an. Schon neigte sich das Glück aus die
Seite der Alamannen. Da gedachte Chlodwig an den mächtigen Christengott, von dem
ihm seine Gemahlin Chlotilde erzählt hatte, und rief: „Hilf mir, Jesus Christus! Ohn-
mächtig sind meine Götter. Wenn du mir in der Not beistehst, will ich an dich glauben."
Bald darauf wandten sich die Alamannen zur Flucht. Ihr König war gefallen, und
Chlodwig verkündigte seiner Gemahlin den Sieg mit den Worten: „Chlodwig hat die
Alamannen und Chlotilde den Chlodwig besiegt." Dann ließ er sich vom heil. Bischof
Remigius unterrichten und empfing am Weihnachtstage mit noch 3000 edlen Franken
zu Reims (rängs) die heilige Taufe. Bei dieser feierlichen Handlung sprach Remigius:
„Beuge, stolzer Frauke, demütig deinen Nacken. Bete an, was du verbrannt, und ver-
brenne, was du angebetet hast." Der Papst nannte ihn den „allerchristlichsten König";
und das Christentum breitete sich von da an im Frankenreiche schnell aus.
3. Oie fränkischen I)ausmeier. Die Nachfolger Chlodwigs waren teils
grausame Tyrannen, teils feige Schwächlinge. Sechs fränkische Könige kamen in
40 Jahren durch Mord und Gift um. Zuletzt versanken die Merowinger immer
mehr in Trägheit und Genußsucht und waren nur noch Schattenkönige. Um die
Regierung kümmerten sie sich nicht, sondern überließen sie dem Hausmeier, der
ihre Güter verwaltete. Nur einmal im Jahre erschien der König vor dem Volke
auf dem „Märzfelde", um die Geschenke entgegenzunehmen, die ihm das Volk
darbringen mußte. Unter den Hansmeiern zeichnete sich besonders Karl Martell
aus. Zu seiner Zeit drangen die Araber, die bereits Spanien erobert hatten,
ins Frankenreich ein.