1910 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Gieseler, Albert, Schulze, Hermann, Borchers, Emil, Baade, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 18
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Iv
b) Die Kalkerde läßt sich durch elektrische Ströme in ihre Bestandteile zerlegen:
Kalkmetall (Kalzium) und Sauerstoff. Das Kalkmetall glänzt wie Messing und ist
ein Leichtmetall. Es kommt wie alle Leichtmetalle in der Natur nie frei vor.
c) Solange noch die Kohlensäure im Kalke enthalten ist, läßt er sich nicht in
einen Brei verwandeln, wohl aber, wenn vorher alle Kohlensäure aus ihm heraus-
getrieben worden ist. Das geschieht durch Brennen
des Kalkes im Kalkofen. (Fig, 60.) Die Hitze ver-
treibt nämlich die Kohlensäure aus dem Kalke gerade
so wie der Essig. Läßt man gebrannten Kalk (Kalk-
erde) längere Zeit in Leinwand liegen, so zerstört er
sie. Er wirkt also ätzend und heißt deshalb Ätzkalk.
ä) Tauche ein Stückchen Ätzkalk in Wasser und
halte es dann in der Hand fest! Du fühlst bald
ein Brennen in der Hand. Der Ätzkalk saugt nämlich
sehr begierig Wasser auf, verbindet sich mit dem
Wasser und entwickelt dabei Wärme. Will der
Maurer gebrannten Kalk gebrauchen, so begießt er
ihn erst in der Kalkgrube mit Wasser: er löscht
ihn, wie er sagt. Dabei verwandelt sich der
Ätzkalk unter Zischen und Dampfbildnng in ein weißes Pulver und dieses durch
weiteren Zusatz von Wasser in einen weißen Brei. (Gelöschter Kalk.) Wird
der Brei mit Sand vermengt, so heißt er Mörtel. Dieser verbindet die Mauer-
steine eng miteinander, denn er erhärtet bald an der Luft. Vielfach verwendet man
statt des Mörtels den Zement, d. i. mit Ton vermischter Mörtel. Er wird
unter Wasser so hart wie Stein. Man verwendet ihn deshalb zu Wasserbauten.
48. Kreide ist auch nichts anderes als kohlensaurer Kalk. Gieße Essig auf
ein Stück Kreide! Sie braust auf. Warum? Betrachtet man Kreide durch ein
starkes Vergrößerungsglas, so sieht man, daß sie aus den Gehäusen äußerst kleiner
Tierchen besteht. Diese hat früher das Meer abgelagert. Die Kreide bildet oft förm-
liche Gebirge, z. B. auf Rügen (Stubbenkammer), an den Küsten Englands und in
Frankreich. Um die Kreide von fremden Beimischungen zu reinigen, schlämmt man sie.
49. Oer Marnior ist körniger, sehr harter Kalkstein. Er wechselt in der
Farbe und kommt weiß, rot, blau, grün, schwarz, flammig und geädert vor. Der
schönste Marmor stammt aus Italien. Dort gewinnt man ihn besonders bei
Carrara aus 600 Brüchen. Er wird vielfach von Bildhauern zu Denkmälern
benutzt. In Deutschland wird der Marmor besonders in Bayern, bei Wunsiedel
und Hof im Fichtelgebirge, und in Schlesien, bei Strehlen und Jauer, gefunden.
50. Gips. a) Der Gips zeigt große Ähnlichkeit mit dem dichten Kalksteine,
ist jedoch viel weicher als dieser; denn er läßt sich mit dem Fingernagel ritzen, der
dichte Kalkstein dagegen höchstens mit dem Messer. Auch seine Zusammensetzung ist
eine andere. Betupfen wir Gips mit Salzsäure, so braust er nicht. Gips enthält
nämlich zwar auch Kalkerde wie der Kalksteiu, aber keine Kohlensäure, soudern statt
derselben Schwefelsäure. Man nennt ihn deshalb auch schwefelsauern Kalk, zum
Unterschiede von dem gewöhnlichen oder kohlensauern Kalke. — Er kommt in großen
Lagern vor, meist als Begleiter des Steinsalzes. Nicht selten bildet er kleine
Berge, z. B. am Südrande des Harzes.