1912 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Gieseler, Albert, Schulze, Hermann, Borchers, Emil, Baade, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 131
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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I
Hugenotten genannt. Bald erhob sich auch gegen diese eine furchtbare Ver-
folgung. Die Ketzergerichte nannte das Volk hier „Feuerkammern", weil sie
ohne weiteres jeden Angeklagten zum Feuertode verurteilten.
2. Oie Bartholomäusnacht (Pariser Bluthocb^eit) 1572. Den höchsten
Gipfel erreichten diese Greuel in der Bartholomäusnacht 1572. Zu dieser Zeit 1572
lebte in Frankreich die schändliche Katharina von Medici, die Mutter des
22jährigen Königs Karl Ix. Diese war den Hugenotten besonders feindlich ge-
sinnt. An der Spitze der Hugenotten standen mehrere reformierte Prinzen aus
dem Hause der Bourbonen, wie Heinrich von Navarra u. a. Als sie sah,
daß sie den Hugenotten mit Gewalt nicht gut beikommen konnte, versuchte sie es mit
List. Sie stellte sich freundlich zu ihnen, es wurde ihnen Religionsfreiheit ge-
währt, ja sie gab sogar dem Prinzen Heinrich von Navarra ihre Tochter zur
Gemahlin. Zugleich aber faßte sie den schändlichen Plan, alle Hugenotten durch
ihre Mithelfer in einer Nacht überfallen und ermorden zu lassen. Nur Heinrich
von Navarra und noch ein anderer Prinz sollten gerettet werden. Und es gelang
ihr, auch den König für diesen Mordplan zu gewinnen.
Zur Ausführung der grauenvollen Bluttat erwählte man die Bartholomäusnacht
(24. August). Die katholischen Bürger wurden heimlich von allem unterrichtet. Eine
Glocke sollte das Zeichen geben. Das Abzeichen der Katholiken war ein weißes Tuch um
den Arm. Endlich naht die Mitternacht. Die Glocke ertönt, und das Blutbad beginnt.
300 geharnischte Mörder rücken zum Morden vor. Auch die katholischen Bürger fallen
über die Hugenotten her. Wirte erstechen ihre Mietsleute, Dienstboten ihre Herrschaften.
Ein Goldschmied rühncke sich, über 400 Ketzer ums Leben gebracht zu haben. Überall
lagen Leichen, überall zuckende Sterbende. Der König selbst schoß von seinem Fenster aus
auf die Fliehenden. Als er seinen Schwager Heinrich von Navarra erblickte, rief er ihm
zu: „Messe oder Tod!" Und Heinrich schwur in der Todesangst seinen Glauben ab.
Mehrere Tage dauerte das Morden, und als es in der Stadt sein Ende erreicht hatte,
wurde es auf dem Lande fortgesetzt. Mehr als 30000 Hugenotten sollen ums Leben
gekommen sein. Da diese Greueltat einige Tage nach der Hochzeit Heinrichs von Navarra
geschah, so nannte man sie die „Pariser Bluthochzeit".
3. 6äikt von Harstes. 1598. Später gelangte Heinrich von Navarra
als Heinrich Iv. auf den Thron Frankreichs. Er erließ das Edikt von Nantes,
worin den Hugenotten gleiche Rechte mit den Katholiken zugesiche-rt wurden.
ä. In Suglnir-.
Auch in England erhob sich anfangs eine blutige Verfolgung gegen die
Protestanten. Das änderte sich aber, als 1558 die Königin Elisabeth den Thron
bestieg. Diese war selbst protestantisch erzogen und bekannte sich bei ihrer Thron-
besteigung offen zum evangelischen Glauben. Durch sie wurde in England die
noch jetzt dort herrschende „bischöfliche" Kirche eingerichtet. In dieser sind manche
katholische Bräuche beibehalten, ebenso auch die Bischöfe (daher der Name). Als
oberster Bischof gilt der König. Das Glaubensbekenntnis stimmt mehr mit dem
der reformierten als mit dem der lutherischen Kirche überein.
8. Oer Oreingj adrige llrrsg. 1618—2648,
1. Veranlassung. Nach dem Religionsfrieden zu Augsburg (1555) breitete
sich die Reformation so schnell aus, daß am Ende des 16. Jahrhunderts mehr
als drei Viertel aller Deutschen Anhänger der neuen Lehre waren. Mit der
Ausbreitung der Reformation wuchs aber auch die Feindseligkeit zwischen Katho-