1912 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard, Schmeil, Otto, Franke, Max, Lorenz, Paul
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
I. Geschichte.
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zufrieden. Besonders die alten Soldaten Napoleons, von denen die meisten bittere Rrmut
litten, ersehnten des Kaisers Herrschaft zurück. Nus dem wiener Kongresse brachen unter
den verbündeten Fürsten wegen der Neuordnung der Länder Streitigkeiten aus, die fast
zum Kriege führten. — Da entwich Napoleon heimlich von der Insel Elba. Er landete
an der französischen Küste und bemächtigte sich in wenigen Tagen wieder der Herrschaft.
Die Nachricht von seiner Rückkehr machte die Mächte einig, und ein neuer Krieg gegen ihn
wurde beschlossen.
j) Belle Rlliance (1815). Die Preußen unter Blücher und Gneisenau und die
Engländer unter Wellington waren zuerst auf dem Platze. In Belgien wollten sie sich ver-
einigen. Ehe dies aber gelang, warf sich Napoleon auf Blücher und besiegte ihn in einer
blutigen Schlacht. Im Kampfgetümmel stürzte der greise Feldmarschall mit seinem Pferde
und wäre beinahe in Gefangenschaft geraten. Napoleon glaubte, die Preußen würden sich
nach dem Rheine zurückziehen. Ruf Gneisenaus Rat ging Blücher jedoch mit seinen ge-
schlagenen Truppen seitlich, in der Richtung aus das englische Heer zurück und sagte
Wellington Unterstützung zu. — 5lm 18. Juni 1815 griff Napoleon die Engländer bei
Waterloo an und bedrängte Wellington bald so furchtbar, daß er die Nacht oder Blücher
herbeiwünschte. — Die Preußen waren schon seit frühem Morgen auf dem Marsche. Sie
kamen aber nur mühsam vorwärts, da die Wege durch langen Regen aufgeweicht waren.
Blücher selbst litt arge Schmerzen an seinem Oberschenkel, der durch den Sturz mit dem
Pferde gequetscht worden war. Trotzdem mahnte er immer wieder zur Eile mit den Worten:
„Ich habe es meinem Bruder Wellington versprochen!" Rls Wellingtons Rot aufs höchste
gestiegen war, griffen die preußischen Truppen in die Schlacht ein. Da löste sich das feind-
liche Heer bald zu wilder Flucht auf. Bei dem Gutshofebelle Ulliance (schöne Vereinigung)
trafen Wellington und Blücher freudig bewegt zusammen. Gneisenau, der die Verfolgung
leitete, setzte „den letzten hauch von Mann und Roß" daran, das geschlagene französische
Heer nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Napoleon selbst entging mit Mühe der Gefangen-
nahme. Dieser Sieg entschied den Feldzug. Zum zweiten Male zogen die verbündeten
Monarchen an der Spitze ihrer siegreichen Heere in Paris ein.
k) Der zweite pariser Friede und Napoleons Ende. Frankreich mußte 560
Millionen Mark Kriegskosten zahlen und alle geraubten Kunstschätze herausgeben. Elsaß-
Lothringen behielt es aber. Der König Ludwig Xviii. kehrte auf den Thron zurück.
Napoleon mußte wiederum abdanken und wurde auf Beschluß der verbündeten Mächte
nach der kleinen Felseninsel St. Helena westlich von Afrika verbannt. Dort ist er 1821
gestorben.
13. Der wiener Kongreß und der Deutsche Bund. Ruf dem wiener Kongresse
versuchte Gsterreich wiederum, Preußen nicht zu Macht und Ansehen kommen zu lassen. (Ob-
gleich es in den Befreiungskämpfen die größten (Opfer gebracht hatte, erhielt es weniger Gebiet,
als es vor 1806 besessen hatte. Es mußte Rnsbach-Vapreuth an Bayern und (Ostfriesland an
Hannover abtreten. Dafür bekam es die Hälfte von Lachsen, sowie den größten Teil der Pro-
vinzen Westfalen und Rheinland. Gegen das Herzogtum Lauenburg a. E.tauschte es das schwedische
Vorpommern ein, so daß seit 1815 ganz Pommern preußisch ist. von seinen polnischen Besitzungen
wurden ihm nur Danzig, Thorn und Posen zurückgegeben! der Rest fiel an Rußland. Preußen
war durch Hannover, Kurhessen und andre Staaten in eine große östliche und eine kleine westliche
Hälfte gespalten. Ein Krieg, in dem diese Länder sich feindlich verhielten, konnte ihm also große
Gefahr bringen. Es war aber durch den wiener Kongreß wieder ein vorwiegend deutsches Land
geworden. — Vas deutsche Kaiserreich wurde nicht wieder aufgerichtet. 5ln seine Stelle trat der