1909 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard, Franke, Max, Szymanski, Theodor, Lorenz, Paul, Schmeil, Otto
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
I
Geschichte.
Ili
und Ostfriesland an Hannover abtreten. Dafür bekam es die Hälfte von Lachsen, sowie
den größten Teil der jetzigen Provinzen Westfalen und Rheinland. Gegen das Herzogtum
Lauenburg a. T. tauschte es das schwedische Vorpommern ein, so daß seit 1815 ganz
Pommern preußisch ist. (5. 85, 4 u. Karte!) von seinen polnischen Besitzungen wurden ihm
nur Danzig, Thorn und Posen zurückgegeben; der Rest fiel an Rußland. Preußen war durch
Hannover, Rurhessen und andre Staaten in eine große östliche und eine kleine westliche
Hälfte gespalten. Tin Krieg, in dem diese Länder sich feindlich verhielten, konnte ihm also
große Gefahr bringen. Ts war aber durch den Wiener Kongreß wieder ein vorwiegend
deutsches Land geworden. — Das deutsche Kaiserreich wurde nicht wieder aufgerichtet.
Rn seine Stelle trat der „Deutsche Bund", zu dem Österreich, die fünf Königreiche Preußen,
Bayern, Württemberg, Hannover und Lachsen, sowie dreißig Kleinstaaten und vier freie
Ltädte, im ganzen 40 Glieder, gehörten. Die Angelegenheiten Deutschlands sollten durch
Vertreter der Regierungen aller deutschen Länder gemeinsam beraten werden. Dieser
„Bundestag", in dem Österreich den Vorsitz führte und den meisten Einfluß besaß, trat
in Frankfurt a. In. zusammen. Lo blieb Deutschland ohne Einheit und Ober-
haupt in viele selbständige Ltaaten zerrissen, unter denen die beiden alten
Gegner, Österreich und Preußen, den Vorrang zu gewinnen trachteten.
14. Die heilige Allianz. Das deutsche Volk war durch diese Gestaltung des
Reiches enttäuscht. Ruch das versprechen, eine Verfassung zu geben, d. h. das Volk durch
gewählte Abgeordnete an der Regierung der Ltaaten teilnehmen zu lassen, wurde nur
von wenigen Fürsten gehalten. Überall in Deutschland entstand daher unter den gebildeten
Kreisen der Bevölkerung Unzufriedenheit. Alexander I-, Franz I. und Friedrich Wilhelm Iii.
hatten während der Befreiungskriege ein Bündnis, die „heilige Allianz", geschloffen,
in dem sie „Regierung ihrer Länder im christlichen Geiste" gelobten. Der österreichische
Minister Metternich benutzte diesen Bund, um alle Bestrebungen zu unterdrücken, die
auf freiheitliche Einrichtungen und auf Deutschlands Einigung hinzielten. Über 30 Jahre
übte er in ganz Deutschland einen unheilvollen Einfluß aus. Er verhinderte auch, daß
Friedrich Wilhelm Iii. eine Volksvertretung berief. Rur Vertretungen der einzelnen Pro-
vinzen, „provinzialstände", wurden in Preußen gebildet (vgl. Rbsch. 15 a). vereine von
Turnern und Studenten, sowie Versammlungen wurden verboten und die Zeitungen
unter strenge Aufsicht gestellt. Männer, die den Wünschen des Volkes Ausdruck zu geben
wagten, wurden verfolgt und in die Gefängnisse geworfen. Selbst Rrndt, Jahn u. a.,
die sich um Deutschlands Befreiung verdient gemacht hatten, blieben nicht verschont.
15. Friedrich Wilhelm? Iii. Sorge für sein Land. a) Verwaltung. Rach den
Befreiungskämpfen waren in Preußen große Aufgaben zu lösen. Lchulden, die durch den
Krieg entstanden waren, mußten gedeckt, die neuen Landesteile in den Ztaat eingegliedert
werden. Der König setzte die jährlichen Ausgaben für den Hof auf eine bestimmte Summe
fest. Rn die Spitze der Verwaltung, die so sparsam wie möglich geführt wurde, stellte er
das Staatsministerium. Jeder der 6 Minister hatte mit seinen Räten einen bestimmten
Zweig der Verwaltung zu leiten. Es gab Ministerien der äußeren Angelegenheiten, des
Innern, der Justiz, der Finanzen, des Krieges und der geistlichen, Unterrichts- und Medi-
zinal-Rngelegenheiten. (Unter Friedrich Wilhelms Iii. Rachfolgern kamen noch Ministe-
rien für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft und für öffentliche Arbeiten hinzu.)
Das Land wurde in 8 Provinzen geteilt, an deren Spitze je ein Gberpräfident stand.
Diese „altpreußischen Provinzen" heißen: Preußen, Pommern, Brandenburg, Sachsen,
Posen, Schlesien, Westfalen und Rheinland. Jede Provinz zerfiel wieder in Regierungs-