1907 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard, Schmeil, Otto, Franke, Max, Lorenz, Paul
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Geschichte.
I
beschloß, mit der Elbarmee und der I. Nrmee sofort anzugreifen, und noch in später Nacht
erhielt der Kronprinz Befehl, mit der Ii. Nrmee zu Hilfe zu kommen. Nm 3. Juli 1866
entbrannte die Schlacht. Besonders schwer litten die Inagdeburgischen Regimenter unter
General v. Fransecki (sprich „Franzki"!), die in den „Zwiepwald" eingedrungen waren.
Nls ein weiteres vorwärtskommen unmöglich war, setzten sich die tapferen Truppen am
Waldrande fest, und General Fransecki stieß seinen Degen in die Erde mit den Worten:
„hier sterben wir!" Im Kampfe mit mehr als vierfacher Übermacht und unter furchtbarem
Geschützfeuer hielten die zusammengeschossenen Bataillone ihre Stellung fest. Endlich kam der
Kronprinz mit seinem Heere auf dem Schlachtfelde an. Unablässig war die Ii. Nrmee gegen
Flanke und Kücken des Feindes marschiert, und am Nachmittage erstürmte die preußische
Garde die höhe von Ehlum. Um nicht abgeschnitten zu werden, mußte der tapfere Gegner
den Rückzug antreten. Die blutigste und größte Schlacht seit der großen Völkerschlacht bei
Leipzig war geschlagen worden. Ruf der höhe von Ehlum traf König Wilhelm mit dem Kron-
prinzen zusammen, schloß ihn tief bewegt in die Nrme und schmückte ihn mit dem höchsten
preußischen Kriegsorden. — Die preußischen Heere drangen nun unaufhaltsam gegen
Wien vor, so daß der Kaiser von Österreich schleunigst Friedensverhandlungen anknüpfte.
o) Der Mainfeldzug. Die Streitkräfte, die gegen Süddeutschland zu fechten
bestimmt waren, drängten die Bayern in mehreren siegreichen Gefechten über den Main
und besetzten Frankfurt. Später überschritten die preußischen Truppen unter dem Befehle
des Generals v. Manteuffel den Main und schlugen die Süddeutschen noch an der Tauber.
f) Der Friedensschluß. Die Friedensbedingungen, die dem besiegten Kaiser-
staate auferlegt wurden, waren sehr milde. Bismarck wollte zwar (Österreich aus Deutsch-
land hinausdrängen, um die deutsche Einigung zu ermöglichen, es aber nicht zu einem
unversöhnlichen Gegner machen. Ruch galt es, durch einen schnellen Friedensschluß zu
verhindern, daß Napoleon Iii. sich zum Schiedsrichter zwischen (Österreich und Preußen
auswarf und als Lohn dafür deutsches Gebiet erlangte. Daher forderte Bismarck keine
Landabtretung von (Österreichs auch Sachsen blieb in ganzem Umfange erhalten, (vene-
tien freilich mußte (Österreich an Italien überlassen, obgleich die Italiener zu Wasser und
zu Lande geschlagen worden waren.) (Österreich schied aus Deutschland aus, zahlte
60 Millionen Mark Kriegsentschädigung und verzichtete zugunsten Preußens auf Schles-
wig-Holstein. — Die süddeutschen Staaten zahlten ebenfalls geringe Kriegskosten. Sie
schlossen auf Bismarcks Veranlassung mit Preußen ein geheimes Bündnis, nach dem
sie im Falle eines Krieges ihre Truppen unter den Oberbefehl König Wilhelms stellten.
— Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau, Hessen-Homburg und die freie
Stadt Frankfurt a. M. wurden Preußen einverleibt. (Karte!)
g) Ergebnisse des Krieges. Nus den erworbenen Gebieten wurden die drei Pro-
vinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau gebildet. Damit war der Zusammen-
hang zwischen den östlichen und westlichen Landesteilen Preußens, sowie der Zugang
zur Nordsee hergestellt. — Nlle Länder nördlich des Mains vereinigten sich unter Führung
Preußens zu dem Norddeutschen Bunde und bildeten ein einheitliches Militär-, Post-,
Telegraphen-, Zoll- und Handelsgebiet. Der König von Preußen war der Präsident und
Graf Bismarck der Kanzler des Bundes. Die Fürsten und freien Städte wurden bei
der Verwaltung der gemeinsamen Nngelegenheiten durch Bevollmächtigte vertreten, die
zu einem „Bundesrate" zusammentraten; ein Reichstag, dessen Mitglieder vom Volke
gewählt wurden, beriet mit dem Bundesrate die Gesetze. Ein gewaltiger Schritt zur
Errichtung des ersehnten einigen Deutschen Reiches war damit getan.