1907 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard, Schmeil, Otto, Franke, Max, Lorenz, Paul
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Erdkunde.
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kacheln. Erlischt aber das Feuer, so erkaltet das Eisen sehr bald, während die Kacheln
ihre Wärme noch stundenlang behalten. Line ähnliche Beobachtung können wir an heißen
Sommertagen im Freien machen: während sich die Erde stark erwärmt, nimmt das
Wasser im Flusse oder Leiche verhältnismäßig wenig Wärme auf. Folgt dem heißen
Tage ein kühler Hbend, so wird der Erdboden bald empfindlich kalt, während das
Wasser so warm bleibt wie am Lage. So oft wir die Beobachtung auch anstellen,
immer finden wir, daß die Erde schnell viel Wärme aufnimmt, sie
jedoch ebenso schnell wieder abgibt, daß aber das Wasser sich nur
langsam erwärmt und langsam wieder abkühlt. Bei großen Land- und
Wassermassen können wir dieselben Erscheinungen beobachten.
a) Die Landmassen erwärmen sich im Sommer sehr stark und kühlen sich im
Winter stark ab. Gegenden, die weit vom Meere entfernt liegen, haben mithin
heiße Sommer und kalte Winter. Ein solches Landklima herrscht z. B. in dem
größten Teile des östlichen Deutschlands. Die winde, die aus diesen Gebieten und
vor allem aus dem benachbarten Rußland kommen, sind daher im Lämmer heiß,
im Winter aber kalt und stets trocken.
b) Die großen Wassermassen dagegen, die Meere, erwärmen sich im Sommer
nur allmählich, halten jedoch die aufgespeicherte Wärme lange zurück. Deshalb sind
auch die winde, die von einem Meere her wehen, im Sommer bei weitem nicht
so heiß und im Winter nicht so kalt wie die Landwinde. Die Länder, die an das
Meer grenzen, haben infolgedessen kühlere Sommer und mildere Winter als die
Gegenden mit Landklima. Da die Seewinde außerdem reichlich mit wasserdampf
beladen sind, erhalten jene Länder auch mehr Niederschläge als diese. Ein solches
Seeklima hat der westliche Teil von Deutschland, der unter dem Einfluß des nahen
Ozeans und der Nordsee steht.
4. Ihre Bewegungen, a) Wellen. Die Oberfläche der Nordsee ist nur
selten spiegelglatt. Meist ist sie vom winde bewegt. Die Wellen können bei Sturm
eine höhe von mehr als 4 m erreichen. Hollen die wogen dem flachen Strande
zu, so stoßen sie am Meeresboden oder an Felsen, die vom Grunde ausragen (Klippen,
Hisse), auf widerstand. Die Wassermassen überstürzen fid); sie brausen und schäumen
dann, und das Meer gerät in Hufruhr. Das ist die Brandung, die den Schiffen
leicht gefährlich werden kann. Leuchttürme, die man am Strande und auf Inseln
errichtet hat, warnen die Seeleute in der Nacht vor den gefahrdrohenden Stellen;
am Tage werden die Schiffer durch fest verankerte, schwimmende Tonnen und andre
„Seezeichen" darauf aufmerksam gemacht. Oft scheitern aber trotzdem Schiffe. Um
den Schiffbrüchigen Hilfe bringen zu können, hat man an der Küste zahlreiche
Hettungsstationen errichtet.
b) Ebbe und Flut (Gezeiten). Mährend in den Teichen und Seen das Wasser
im Laufe eines Tages gleich hoch steht, ist dies in der Nordsee nicht der Fall. hier
können wir vielmehr ein regelmäßiges Sinken und Steigen beobachten. Nachdem das
Wasser den höchsten Stand erreicht hat, beginnt es tiefer und immer tiefer zu fallen.
Felsen, die vorher vom Wasser bedeckt waren, kommen zum Vorschein, und der Meeres-
boden wird auf kleinere oder größere Strecken, oft sogar einige Kilometer weit entblößt.
Die Küstenbewohner eilen dann herbei, um die Gaben einzusammeln, die ihnen das
Meer beschert hat. 3n zahlreichen Wassertümpeln fangen sie Fische, die dort zurück-
geblieben sind, und vom feuchten Boden sammeln sie Krebse und Muscheln. Doch