1918 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 281
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Weltkrieg
- Inhalt: Zeit: 1914-1918
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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I
verurteilt war. so konnte er sich durch Geld von diesen Strafen loskaufen Er
erhielt dann einen Schein, daß ihm die Strafen erlassen seien. Beim Volke bildete
sich daher allmählich der Glaube aus, daß man sich durch Geld auch von den
ewigen Strafen freimachen könne.
An die Stelle der allgemeinen Beichte war die Ohrenbeichte (Bekenntnis
jeder einzelnen Sünde) getreten, der Heiligendienst sowie die Verehrung der
Reliauien hatte überhand genommen, und beim Abendmahl entzog man den
Laien den Kelch. Nur der geweihte Priester durfte den Wein trinken, damit
kem Trovlen des Blutes Christi verschüttet würde. Besonder- aber erregte das
gottlose Leben vieler Geistlichen Anstoß. Ein Papst wurde wegen Meineides,
Gotteslästerung. Mordes und Ehebruchs abgesetzt, und Johann Xxiii. war sogar
in seiner Jugend Seeräuber gewesen. Er hatte noch zwei Gegenpäpste, und so gab
es dre, Pavste auf einmal, die sich gegenseitig verfluchten und in den Bann taten.
Und wie das Haupt, so die Glieder. Die Priester waren meist sehr unwissend
und führten oft kein Gott gefälliges Leben. Das Volk wurde in Dumm-
heit und Aberglauben erhalten. Wer in der Bibel las, wurde sogar als
Ketzer bestraft.
2 k)us. Gegen die Irrlehren der Kirche trat am Ende des 14. Jahr-
hunderts zuerst Johann Hus öffentlich auf.
Er war Prediger zu Prag und zugleich Lehrer an der dortigen Hochschule. Durch
seinen Freund Hieronymus lernte er die Schriften des Engländers Wyklrff kennen In dresen
waren dre Irrlehren der Kirche scharf angegriffen. Hus erkannle. daß Wykliff recht hatte.
Freimütig geißelte Hus mit scharfen Worten die Sünden der Geistlichen, ver-
warf Ohrenbeichte und Ablaß, Heiligenverehrung und Bilderdienst und mahnte zur
Umkehr Besonders eiferte er auch dagegen, daß man dem Volke den Kelch beim
h. Abendmahl entziehe. Die Priester aber waren erbost über Hus und brachten
die Sache vor den Papst. Dieser verbot ihm das Predigen, tat ihn in den
Bann und sprach über die Stadt Prag, die es mit Hus hielt und die Ablaß-
bulle unter dem Galgen verbrannt hatte, den Kirchenbann aus. Während
desselben blieben die Kirchen verschlossen, die Glocken verstummten. Kein Geist-
licher durfte den Toten zu Grabe folgen, und die Taufen und Trauungen
mußten auf dem Kirchhofe vollzogen werden.
3. Konjil zu Konstanj. Bald darauf bewog Kaiser Sigismund den Papst,
eine Krrchenversammlung nach Konstanz zu berufen. Hier sollte eine
Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern vorgenommen werden. Hus
verlangte, von dem Konzil gehört und beurteilt zu werden. Der Kaiser gab ihm
einen Geleitsbrief, worin er ihm seinen besonderen Schutz zusagte, und auch der
Papst versprach, es solle ihm kein Leids geschehen, und wenn er auch des
Papstes Bruder ermordet hätte. Als aber Hus in Konstanz ankam, warf man ihn
noch vor dem Verhör in ein ekelhaftes, ungesundes Gefängnis. Sigismund war
hierüber unwillig; aber die Geistlichen beruhigten ihn durch die Worte, einem
Ketzer brauche man das gegebene Versprechen nicht zu halten. Hus verfiel in
eine schwere Krankheit und war dem Tode nahe. Kaum genesen, wurde er in
die Domkirche geführt, wo das Konzil versammelt war. Nach seiner ge-
waltigen Verteidigungsrede forderte man, er solle seinen als ketzerisch bezeich-
neten Lehren abschwören. Er aber sprach: „Wenn man mich aus der Bibel