1908 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Baade, Friedrich, Borchers, Emil, Gieseler, Albert
- Auflagennummer (WdK): 86
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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Der Kaiser wurde nämlich um diese Zeit mit Frankreich in einen Krieg verwickelt.
In Spanien hatte der kinderlose König Karl Ii., aus dem Habsburger Geschlecht, den
Enkel Ludwigs Xiv., Philipp V., aus dem Hause Bourbon, zu seinem Nachfolger ein-
gesetzt. Jedoch sofort nach dem Tode des Königs machte der Kaiser Anspruch auf den
spanischen Thron für seinen Sohn Karl. Es kam daher zu dem sogenannten „Spanischen
Erbfolgekriege". Preußen schickte dem Kaiser statt der 8000 sogar 25000 Mann zu Hilfe.
(Zu 6000 Mann Hilfstruppen war Friedrich als Reichsfürst verpflichtet.) Anführer dieser
Truppen war der 25jährige Fürst Leopold von Dessau, „der alte Dessauer". Den Oberbefehl
über die kaiserlichen Truppen hatte der berühmte Feldherr Prinz Eugen, „der edle Ritter".
Nach vielen Schlachten siegte endlich Frankreich, und Philipp V. blieb auf Spaniens Thron.
2. Krönung. Am 18. Januar 1701 fand die Krönung in Königsberg unter
großer Pracht statt. Am Tage vorher stiftete Friedrich den Schwarzen Adlerorden,
der noch heute der höchste Orden im preußischen Staate ist. Das Ordenszeichen,
ein silberner Stern sowie ein blaues Kreuz an einem orangefarbenen Bande,
enthält als Inschrift den Wahlsprnch des Königs: „Jedem das Seine." Friedrich
setzte sich die ihm überreichte Krone selbst aufs Haupt, nahm das Zepter in die Rechte
und den Reichsapfel in die linke Hand und ließ sich von allen Anwesenden den
Eid der Treue schwören. Dann erschien die Königin. Der König setzte ihr eben-
falls die Krone auf und führte sie zum Throne, damit auch sie die Huldigung
empfinge. Hierauf ging's in feierlichem Zuge zur Kirche, wo die Salbung stattfand.
Der König, der als Kurfürst Friedrich Iii. hieß, nannte sich von jetzt ab
Friedrich I. Alle seine Untertanen waren nun Preußen, und die schwarz-weiße
Fahne wehte allen voran; der preußische Adler war das gemeinsame Wappen
aller Landesteile. So hatte Friedrich durch diese wichtige Tat seine Lande noch
mehr geeint und ihnen höheren Glanz gegeben. Nach einem Wort Friedrichs
des Großen wollte der König seinen Nachfolgern sagen: „Ich habe euch einen
Titel erworben; macht ihr euch dessen würdig!"
3. Hls £andesvater. Friedrich I. begünstigte Kunst und Wissenschaft.
Er ließ in Berlin das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten errichten,
erbaute das Zeughaus (die jetzige Nnhmeshalle), und auch das königliche Schloß
erhielt unter ihm eine neue Gestalt. Die evangelischen Glaubensgenossen hatten
an ihm einen treuen Beschützer, und jeden, der seines Glaubens wegen bedrängt
wurde, nahm er mit offenen Armen auf. Auch der von der Universität Leipzig
vertriebene Professor Thomasius fand bei ihm Aufnahme. Durch ihn ließ der
König die Universität Halle einrichten. Thomasius hielt, zum erstenmale an einer
deutschen Universität, seine Vorlesungen in deutscher statt in lateinischer Sprache.
Später berief der König auch August Hermann Francke, den Gründer des
Waisenhauses in Halle, an die Universität. — Neben dem Glanz zeigte sich auch
Schatten. Solange Danckelmann, der frühere Erzieher des Königs, die Ver-
waltung leitete, herrschten geordnete Zustände. Nach dessen Sturz gewannen
unwürdige Schmeichler das Vertrauen des Königs und suchten sich in ihren
Ämtern zu bereichern. Leider wurde auch das französische Wesen bei Hofe ein-
geführt. Man kleidete sich französisch, sprach französisch und ahmte überhaupt
alle französischen Sitten und Gebräuche nach.
4. Zoplue Okarlolle. Friedrichs erste Gemahlin starb sehr früh. Seine
zweite Gemahlin hieß Sophie Charlotte. Sie war eine sehr feingebildete,
geistreiche Frau. Der Prunk und die steifen Förmlichkeiten, die damals am
18. Jan.
1701