1904 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
§ 11. Otto der Große.
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§ 11. Otto -er Große (936—973).
1. Krönung. Kämpfe im Innern. Heinrichs I. Sohn, Otto, war schon
zu Lebzeiten seines Vaters zum Könige gewählt worden und wurde mit großer
Pracht in Aachen gekrönt. Die mächtigsten Reichsfürsten verrichteten hierbei
die Erzämter, zum Zeichen, daß sie Diener des Herrschers seien. Otto sah die
Herzöge als Reichsbeamte an. Darum empörten sich dieselben und ver-
banden sich selbst mit Ottos Brüdern. Einer derselben kam in den Kämpfen um,
der andere, Heinrich, erlangte trotz dreimaliger Empörung doch Verzeihung.
(Mähler: Otto I.) — Otto kämpfte siegreich gegen die Wenden, Dänen
und Polen, errichtete an den Grenzen Marken und legte zur Bekehrung
dieser heidnischen Nachbarn Bistümer an. Die Nordmark erhielt Mark-
graf Gero.
2. Kämpfe in Italien. Der Markgraf Berengar war zur Zeit der
mächtigste Fürst Italiens. Er strebte danach, noch mächtiger zu werden,
deshalb wollte er, daß die junge, schöne Königswitwe Adelheid seinem Sohne
ihre Hand reiche. Als diese ihn aber abwies, ließ er sie in einen schreck-
lichen Kerker werfen. Ein treuer Mönch rettete sie. Sie rief nun Ottos
Hilfe an, ihm Hand und Krone anbietend. Dieser zog über die Alpen,
schlug Berengar, zog in Pavia ein und vermählte sich mit Adelheid, da
seine erste Gemahlin gestorben war. — In Deutschland brach bald daraus
ein Bürgerkrieg aus, angezettelt durch Ottos Sohn Ludolf, der sich mit
seinem Schwager Konrad gegen den König verbunden hatte, weil sie sich
gegen ihren Oheim Heinrich zurückgesetzt glaubten. Sie gewannen anfangs
manchen Vorteil, eroberten z. B. Bayern. Als sie aber später von vielen
ihrer Anhänger verlassen wurden, unterwarfen sie sich ihrem Vater.
3. Ungarnschlacht. Diese Verwirrung benutzten die Ungarn, aufs neue
bis an die Donauquellen vorzudringen. Voll Vermessenheit hielten sie sich
für unbcsieglich. Im Jahre 955 lagerten sie vor Augsburg am Lech. Otto
stand ihnen gegenüber. Durch Gebet und Feier des heiligen Abendmahls
wurden die christlichen Scharen zum Kampfe geweiht. Der erste wilde An-
sturm der Ungarn brachte die Reihen der Deutschen ins Wanken; aber da
sprengte Herzog Konrad mit seiner Schar herbei, gab durch seine Tapfer-
keit dem Heere neuen Mut und drängte die Ungarn wieder zurück. Als er
aber seine Rüstung am Halse lüftete, tötete ihn ein feindliches Geschoß.
So hatte er die Untreue gegen seinen Schwiegervater gesühnt. — Die
Ungarn aber wurden in die Flucht geschlagen. Die ergrimmten Bauern
schlugen die zerstreuten Haufen nieder wie wilde Tiere. Von nun an
wagten die Feinde keinen Einfall ins Reich mehr. Ums Jahr 1000 nahmen
sie das Christentum an.
4. Römischer Kaiser zu werden, wie sein Vorbild Karl der Große,
das erstrebte Otto nun noch. Erneute Unruhen in Rom, ja in ganz Italien
erheischten Ottos Eingreifen. Er stellte bald Ordnung her und ließ sich in
Rom 962 vom Papst zum Kaiser krönen. Von nun ab verblieb die Kaiser-
krone den deutschen Königen, und das Reich bekam den Namen: heiliges