1907 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Hrsg.: Franke, Max, Schmeil, Otto
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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Geschichte.
I
genösse gegen die Licherheit oder das Wohl des Ltammes schwer vergangen, so wurde
er den Göttern als Opfer dargebracht. Landesverräter wurden gehängt, Feiglinge
in einem Lumpfe erstickt.
9. Rechtspflege. Die Freien der einzelnen Hundertschaften und Gaue ver-
sammelten sich von Zeit zu Zeit, um über Streitigkeiten zu entscheiden, hatte jemand
einen Menschen erschlagen, so trachteten ihm die verwandten des Toten nach dem
Leben (Blutrache!). Tr konnte sich aber durch ein „Wergeld" loskaufen, das in Rindern
oder Pferden an die Lippe des Toten gezahlt wurde, lvar der Getötete ein Freier,
so bestand das lvergeld manchmal aus großen Herden. Für hörige war es erheblich
niedriger,-für einen Unfreien brauchte nur Ersatz geleistet zu werden. Ivurde das lvergeld
nicht gezahlt, so mußte der Schuldige fliehen. Er wurde aus seiner Lippe ausgestoßen
und für friedlos erklärt, so daß ihn niemand aufnehmen, aber jedermann töten durfte.
10. Litten und Gebräuche. Bei den alten Deutschen galten gute Litten mehr
als bei andern Völkern Gesetze. Das lvort wurde höher geschätzt als bei andern der
Eid. Der Hausvater war Herr über seine Ungehörigen! er durfte sogar Frau und
Rinder verkaufen und seine Rnechte töten. Die Ehe wurde als heiliger Bund betrachtet.
Der Freie wählte aber nur die Tochter eines Freien zur Lebensgefährtin. Die Braut
wurde von den Ungehörigen gekauft, manchmal auch geraubt. Die Hausfrau nahm
eine sehr angesehene Ltellung ein, mußte aber auch allen Urbeiten vorstehen. Da das
Brauen und Lchlachten, das Lpinnen und Weben im Hause verrichtet wurde, war sie mit
den Unechten und Mägden von früh bis spät unermüdlich tätig. Besondere Zeit und Mühe
erforderte das tägliche Mahlen des Getreides und die Unfertigung der Bekleidung. Die
Deutschen sahen in den Frauen etwas heiliges und hörten gern auf ihre Ratschläge.
Unbeschränkt wurde die Gastfreundschaft geübt. Der ankommende Gast
wurde über die Lchwelle des Hauses geleitet und von der Hausfrau mit einem Russe
willkommen geheißen. Man versah ihn, wenn es nötig war, mit trockener Rleidung,
wies ihm einen Litz am herdfeuer an und bewirtete ihn mit dem Besten, was im
Hause vorhanden war. Er galt als unverletzlich und stand unter dem besonderen
Lchutze des Hausherrn. Beim Ubschiede erhielt er noch ein Geschenk.
Die Freiheit liebten die Deutschen so sehr, daß in Rriegsnöten die Frauen ihre
Rinder und sich selbst manchmal töteten, um nicht mit ihnen in Rnechtschast zu geraten.
Den Tugenden standen aber auch Laster gegenüber. Wenn die Männer nicht
auf einem Rriegszuge oder auf der Jagd waren, so feierten sie gern Gelage. Dabei
hielten sie im Trinken vielfach nicht Maß und ergaben sich dem Würfelspiele. Ln der
Leidenschaft verspielten sie dann wohl Vieh und Ücker, ja Frau und Rinder und
ihre eigene Freiheit, so daß sie das Gelage als Unfreie verließen. Lolche Unfreie behielt
man nicht gern in dem Gaue! man verkaufte sie in ferne Gegenden.
Die Toten wurden begraben, oder auf Lcheiterhaufen verbrannt. Dem Manne
gab man seine Waffen mit und tötete sein Pferd, sowie seine Rnechte.. Die Frau wurde
in ihrem besten Lchmuck und mit allerlei Hausgerät bestattet.
11. Religion. Die alten Deutschen waren Heiden, glaubten aber an ein Fortleben
der Leele und an eine Wiedervergeltung nach dem Tode. Ihre Götter verehrten sie unter
alten Bäumen in heiligen Hainen. Dort befanden sich einfache Holzgebäude, in denen
sich die Opfernden versammelten, und in denen die großen Opferkessel und andre
Gpfergeräte, sowie erbeutete Waffenstücke aufbewahrt wurden. Jeder freie deutsche
Hausvater konnte den Göttern opfern,- es gab aber auch besondere Ltammespriester.