1907 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Hrsg.: Franke, Max, Schmeil, Otto
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
12
Geschichte.
I
am Rheine feste Burgen an; dann fiel er in das deutsche Gebiet ein. Da er aber wußte,
wie unwegsam Deutschland war, und wie schwer er dort Nahrungsmittel für seine
Gruppen finden würde, fuhr er auf Schissen den Rhein hinab und suchte vom Meere her
die an der Nordsee wohnenden Stämme zu unterwerfen. — Bei einem späteren Zuge
legte er an der Lippe eine Burg an und drang sogar bis an die Elbe vor. Dort trat
ihm eine weißgekleidete deutsche priesterin entgegen und weissagte ihm seinen nahen
Tod. Er kehrte um und zog im Tale der Saale dem Rheine zu. Nus dem Marsche
stürzte er mit dem Pferde, brach den Oberschenkel und starb kurze Zeit danach (Ge-
dicht: Drusus' Tod). — Nun sandte stuguftus seinen andern Stiefsohn Tiberius nach
Deutschland. Rls einst deutsche Fürsten als Gesandte zu diesem arglistigen Manne
kamen, ließ er sie gefangen nehmen. Die treulos verratenen konnten diese Schmach
aber nicht ertragen und töteten sich selbst. Tiberius benutzte auch die Uneinigkeit der
Deutschen und reizte die Stämme zum Kriege gegeneinander. Ruf diese kveise unter-
warf er nach und nach das Land zwischen Rhein und Elbe.
6. Hermann, Deutschlands Befreier. Die Römer betrachteten nun Deutschland
als eine Provinz ihres Reiches. Rls Tiberius nach Rom zurückgekehrt war, wurde der
Feldherr varus zum Statthalter von Deutschland ernannt. Er mißbrauchte sein Rmt,
um sich Reichtümer zu sammeln, und führte an Stelle des uralten deutschen Rechtes römisches
Recht ein. Bei Gericht sprach man die römische Sprache, die der Deutsche nicht verstand.
Rus geringer Ursache wurden freie Deutsche von den römischen Gerichtsdienern körperlich
gezüchtigt, und römische Rechtsgelehrte brachten manchen wohlhabenden Mann um seinen
ganzen Besitz. Ungerechte Steuern wurde dem Volke auferlegt und mit härte ein-
getrieben. Die Männer wurden sogar gezwungen, in das römische Heer einzutreten.
— Diese Schmach wollten die Deutschen nicht länger ertragen. Die gemeinsame Not
machte sie einig, und die Führer der Stämme verbanden sich heimlich, um die Knecht-
schaft abzuschütteln. Das Haupt des Bundes war Hermann, ein Fürst der Cherusker,
die an kveser und Rller wohnten. Rls Jüngling hatte er in den Diensten der Römer
gestanden und die römische Kriegskunst kennen gelernt. Im Rlter von 25 Jahren aber
war er wieder in die Heimat zurückgekehrt, varus betrachtete ihn als einen Freund der
Römer. Ein andrer Theruskerfürst, Segest, war Hermann feindlich gesinnt, weil dieser
seine Tochter Thusnelda geraubt und geheiratet hatte. Er warnte varus,- dieser aber
glaubte ihm nicht.
Rn einem bestimmten Tage i. I. 9 n. Ehr. empörte sich, wie es verabredet war,
zuerst ein volksstamm, der weit entfernt an der Ems wohnte. Sofort brach varus
mit drei Legionen (ungefähr 18 000 Mann) auf, um den Rufstand zu unterdrücken.
Die deutschen Stammesfürsten bekamen von ihm den Befehl, den Heerbann, d. h.
alle waffenfähigen Männer, zusammenzurufen und mitzuziehen. Nach einigen Tagen
gelangten die Römer in den Teutoburger kvald, auf dessen sumpfigen Waldwegen
sie nur langsam vorwärts kamen. Sturm und Regen machten den Marsch immer be-
schwerlicher. Da sielen plötzlich die Deutschen von allen Seiten über die Römer her.
In dem dichten Walde war es diesen unmöglich, in geschlossenen Reihen zu kämpfen,
wie sie gewohnt waren; ihre Kriegskunst nützte ihnen also hier nichts. Ein Teil der
Reiterei schlug sich zwar mühsam durch und erreichte die Römerfeste an der Lippen
die Hauptmasse des Heeres aber wurde völlig vernichtet, varus tötete sich selbst, um
nicht in Gefangenschaft zu geraten. — Schrecklich war die Rache, die die Sieger an
ihren bisherigen Unterdrückern nahmen. Die gefangenen Führer des Heeres wurden den