1907 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Hrsg.: Franke, Max, Schmeil, Otto
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
Geschichte.
I
sich taufen zu lassen, wenn ihm der Sieg verliehen würde. Vas Glück wendete sich in der
Tat, so daß die Alamannen geschlagen wurden. Als Thlodovech aus dem Kriege zurück-
kehrte, ließ er sich taufen, und ein großer Teil des Volkes folgte seinem Beispiele. Die
Franken wurden aber nicht Arianer wie einst die Goten, sondern nahmen die katholische
Lehre an. Die Alamannen unterlagen später noch in einer zweiten Zchlacht und
mußten sich den Franken unterwerfen. Thlodovech benutzte seinen neuen Glauben
bald als Vorwand, um mit seinen Nachbarn im Süden, den Westgoten, Streit
zu beginnen. „Ts kränkt mich tief", sagte er heuchlerisch, „daß diese Arianer
einen Teil Galliens inne haben." Nach blutigen Kämpfen, in denen der lvestgoten-
könig fiel, gelang es ihm auch, ihnen das Land bis zur Garonne zu entreißen.
Bisher hatte Thlodovech seine Herrschaft noch mit andern Stammesfürsten teilen müssen.
Diese ließ er, um alleiniger Herr über die Franken zu werden, nach und nach mit
List und Gewalt aus dem Wege räumen. Tr starb, erst 45 Jahre alt, in seiner
Hauptstadt Paris. ■— Seine Nachfolger besiegten die Burgunder, Thüringer und Bayern,
so daß das Frankenreich bald von den Pyrenäen bis an die Saale und die Donau reichte.
3. Innere Zustände. (Östlich vom Bheine waren die Bewohner des Frankenreichs rein
deutsch; in Westfranken dagegen lebten Deutsche und Römer nebeneinander. Da sie sich jedoch zu
derselben christlichen Lehre bekannten, vertrugen sie sich gut und schlossen untereinander Ehen.
viele Römer gelangten sogar zu hohen Stellungen und halfen besonders als Bischöfe das Franken-
reich festigen. — Die Franken hatten wie alle Deutschen noch keine geschriebenen Gesetze; ältere,
erfahrene Männer kannten die uralten Rechtssprüche aber auswendig. Damit bei dem Zusammen-
leben mit den Römern, die vollständige Gesetzbücher besaßen, das fränkische Recht nicht in Ver-
gessenheit geriet, wurden auf Befehl des Rönigs jene deutschen Rechtssprüche in lateinischer
Sprache niedergeschrieben. So entstand das älteste deutsche Gesetzbuch, kveil es von den salischen
Franken herstammt, nennt man es das salische Gesetz. — Den Vorsitz bei Gericht führte der
Graf, der als Beamter des Rönigs der Landschaft vorstand; sieben freie Männer mußten als
Schöffen das Urteil finden, kvenn jemand einer Übeltat bezichtigt wurde, so konnte er sich
durch einen Eid reinigen. Er mußte aber eine Unzahl Eideshelfer haben, die beschworen,
daß man ihm einen wahrheitsgemäßen Eid zutrauen könne. Sn zweifelhaften Fällen hatten
der Rläger und der Beklagte einen Zweikampf auszufechten, bei dem der Besiegte für schuldig
angesehen wurde. Man ließ auch wohl ein Gottesurteil entscheiden: der Beklagte mußte
aus kochendem Wasser einen Gegenstand mit entblößtem Arme herausnehmen, oder mit
nackten Füßen über glühendes Eisen schreiten, verbrannte er sich, so galt er für schuldig; denn man
glaubte, Gott werde zugunsten eines Unschuldigen ein Wunder tun. Wer eines Mordes verdächtig
war, mußte die Wunden des Erschlagenen berühren; fingen sie an zu bluten, so hielt man ihn für
überführt. — Eine wichtige Bestimmung im salischen Gesetz war, daß der Landbesitz eines ver-
storbenen stets auf den nächsten männlichen verwandten überging; Frauen konnten keinen Land-
besitz erben. Das salische Gesetz erhielt nach und nach bei fast allen deutschen Stämmen Gültigkeit.
4. Dar Lehnrwesen. Als die Frankenkönige die Nachbarreiche unterwarfen,
kamen große Ländereien in ihren Besitz. Tinen Teil davon überließen sie hervorragenden
Kriegern und Hofbeamten auf bestimmte Zeit oder bis zu ihrem Tode leihweise, als
„Lehen". Die Lehnsmänner (Vasallen) des Königs bewirtschafteten das Land meist
aber nicht selbst, sondern gaben den größten Teil davon wieder als Lehen an andre
freie Männer, die so ihre Lehnsmänner wurden. Der Lehnsmann mußte seinem
Herrn Treue schwören und ihm bei jedem Streite Heeresfolge leisten. Die großen
Grundherren wurden dadurch oft so mächtig und übermütig, daß sie sogar dem Könige
Trotz boten. Erfüllte der Vasall seine pflichten gegen den Lehnsherrn nicht, so gab
dieser sein Land einem andern zu Lehen. Ltarb der Vasall, so nahm der Lehnsherr das