1907 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Hrsg.: Franke, Max, Schmeil, Otto
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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Geschichte.
I
3. Papst Gregor Vii. Huf dem päpstlichen Stuhle saß damals Gregor Vii.
Er war der Sohn eines italienischen Zimmermanns und hieß eigentlich Hildebrandt.
Schon als Mönch hatte er sich durch tugendhaften Wandel und große Gelehrsamkeit
ausgezeichnet. Sobald er zum Oberhaupte der Kirche erwählt worden war, ver-
folgte er mit Festigkeit und gewaltiger Willenskraft das Ziel, die Kirche von der
weltlichen Herrschaft unabhängig zu machen und sie durch Abstellung aller Mängel
und Mißbräuche zur höchsten Macht der Erde emporzuheben. Zu diesem Zwecke
untersagte er die Simonie, d. h. die Erwerbung geistlicher Rmter durch Kauf oder
Bestechung (vgl. Rp.-Gesch. 8, 12). Die Bischöfe sollten von den Geistlichen der
bischöflichen vomkirche gewählt und vom Papste bestätigt werden,- ihre Einsetzung
(Investitur) durch den Kaiser oder andre weltliche Fürsten wurde für unzulässig
erklärt, weiter wurde bestimmt, daß die Päpste ohne Bestätigung durch den Kaiser
von den vornehmsten Geistlichen, den Kardinälen, erwählt wurden. — Den Zölibat,
d. h. die alte Vorschrift, daß die Geistlichen ehelos sein sollten, suchte Gregor Vii.
in der ganzen Christenheit streng durchzuführen, und er verbot dem christlichen Volke,
verheirateten Priestern zu gehorchen, sowie bei ihnen Messe zu hören.
4. Beginn des Bampfer zwischen Kaiser und Papst. Durch das verbot
der Simonie und der Investitur der Bischöfe kam es zwischen Gregor Vii. und Kaiser
Heinrich Iv. zu offenem Zwiespalte. Rls der Kaiser die Bischöfe weiter ernannte, be-
legte Gregor Vii. vier von ihm eingesetzte Bischöfe und einige seiner Ratgeber mit dem
Kirchenbann, wer im Banne war, wurde von Gottesdienst und Sakramenten aus-
geschlossen und durste nach seinem Tode nicht kirchlich beerdigt werden. Dem Kaiser
selbst verbot der Papst Investitur und Simonie und forderte ihn auf, Buße zu tun.
Daraufhin berief Heinrich Iv. eine Kirchenversammlung nach Worms und ließ den Papst
für unrechtmäßig gewählt und für abgesetzt erklären, hieraus sprach Gregor Vii. über
Heinrich den Bann aus und entband alle seine Untertanen von dem Eide des Gehorsams.
5. Banosta. Rls die Nachricht, daß Heinrich im Banne sei, nach Deutschland
kam, empörten sich die Sachsen von neuem. Die süddeutschen Fürsten hatten schon längst
ungern bemerkt, wie des Kaisers Macht gewachsen war. Sie beschlossen, einen andern
König zu wählen, wenn Heinrich nicht innerhalb eines Jahres vom Banne entbunden
sei. Sie luden auch den Papst ein, auf einem Reichstage zu Rugsburg zu erscheinen
und über Heinrich die Entscheidung zu fällen. Um zu verhindern, daß der Reichstag
zustande kam, und um den Fürsten den Grund zu seiner Rbsetzung zu nehmen, mußte
Heinrich vom Banne loskommen. Er beschloß daher, eiligst selbst nach Rom zu
ziehen und mit dein Papste Versöhnung zu suchen. Die ihm feindlich gesinnten
Herzoge von Schwaben und Bayern, die erreichen wollten, daß er im Banne blieb
und die Krone verlor, hielten jedoch alle deutschen Rlpenübergänge besetzt. Da zog
Heinrich, begleitet von seiner treuen Gemahlin und seinem kleinen Sohne, mit wenigen
Gefährten auf einen: weiten Uniwege nach Frankreich, von dort aus überschritt er unter-
großen Gefahren aus dem mit Schnee und Eis bedeckten Passe des Mont Lenis die West-
alpen und langte endlich glücklich in der Po-Ebene an. Der Papst, der schon auf dem
Wege nach Rugsburg war, glaubte, der Kaiser nahe in feindlicher Rbsicht und zog sich,
da mehrere norditalische Fürsten auf der Seite Heinrichs standen, nach dem festen Schlosse
Kanossa zurück, vor dem Eingänge desselben erschien Heinrich Iv. an drei hintereinander
folgenden Tagen als reuiger Sünder in Büßertracht. Rm Rbende des dritten Tages fand
er mit seinen Begleitern Einlaß und wurde durch den Papst vom Banne losgesprochen.