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1. Teil 3 - S. 49

1906 - Berlin : Klinkhardt
49 So warf ich mich denn geduldig neben der Tür auf einen Kaufen Heu, während seitwärts auf der Hühnerleiter der Hahn mit seinen Kennen im Traume kakelte und von den Rühen her der Strich des Melkens eintönig hervorklang, nur mitunter durch einen Zuruf unterbrochen, wenn die Bläß oder die Schwarze etwa nicht ordnungsmäßig standhielten. Endlich mit schwerem Timer und heißem Gesicht trat Lena in den Leuchtkreis der Laterne und bot mir freundlich guten Abend. Sie war von kleiner Statur; ihre Gesichtszüge — sie mochte in meiner Rnabenzeit etwas über dreißig Jahre zählen — ließen er- kennen, daß sie einst ungewöhnlich wohlgebildet gewesen sein mußten; aber die Blattern hatten das Rindergesicht auf das unbarmherzigste zerrissen, als wenn, nach dem Bolkswitz, der Teufel Erbsen daraus gedroschen hätte. Sie selber meinte freilich, am Ende müsse sie noch eitel werden; denn „so'n Bildhauerarbeid ward nu nahgrad wat Rares!" Nur die schönen braunen Augen blickten unversehrt, und sie gehören mit zu den Sternen, die über meiner Rindheit standen, und mitunter in dunklen Stunden glaube ich sie noch jetzt zu sehen, obgleich auch sie erloschen sind. 2. Mährend nun Lena den Milchverkauf besorgte, hatte „Bader" den Rühen ihr letztes Mutter vorgeworfen, „Moder" in ihrem Troge den Teig zusammengeballt und sorgsam zugedeckt; ich selbst war schon vorher in die Wohnstube gewiesen, in jenen engen, aber trau- lichen Raum, in welchen! ich die schönsten Geschichten meines Lebens gehört habe. Fast immer, so wenigstens scheint es mir jetzt, blühten hier auf den Fensterbrettern die roten Winterlevkojen; meine Blicke aber gingen nach dem eisernen Beilager-Ofen, der an der wand gegenüber zwischen den beiden verhangenen Alkovenbetten stand und für mich einen Gegenstand der anziehendsten Betrachtung bildete. Es gefiel mir, daß sich auf der vordersten Platte, wie nach einen! Dürer- schen Holzschnitt, die Verkündigung Mariä dargestellt zeigte und daß er an den Seiten und oben an beiden Ecken mit blankpolierten Messingknöpfen geziert war, welche ich, aller Warnung unerachtet, nicht unterlassen konnte, vielfach abzuschrauben und mir fast ebenso oft aus die Füße zu werfen. Er strömte aber auch, was nicht jeder Gfen von sich sagen kann, einen leckeren Duft aus, welcher, mit dem der Levkojen vermischt, noch jetzt in meiner Erinnerung diesen Raun! erfüllt, und war überdies allezeit von einer sanften Hausmusik um- geben. Das erstere hatte seinen Grund in einer Schüssel, je nach- dem init Waffeln, jdfesfernüssen oder Bratäpfeln gefüllt, die unfehl- bar unter dem blanken Messingstülp aus der Ofenplatte warm
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