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1. Teil 3 - S. 340

1906 - Berlin : Klinkhardt
340 Der Jäger liegt gebückt auf der Erde und beobachtet; ihn beschleicht ein Gefühl des Mitleids. Brauchen denn seine Leute so notwendig Fleisch? Haben sie nicht genug anderes zu essen? Und ist er denn überhaupt nur deswegen auf Jagd gegangen, oder nur, um sein Vergnügen zu haben? Der Bock legt sich, wälzt sich auf dem Rücken und schlägt im Übermut die Spitzen seines Gehörns tief in den Sand. Die ihm eigentümlichen, schnaubenden Laute beweisen sein Gefühl des Wohlbehagens. Jetzt richtet er sich halb auf, so daß die Spitzen seines Gehörns von den letzten Strahlen der Sonne getroffen werden. Er spitzt die Ohren! Als ob er diese Strahlen fühlte, als ob er diesen Abschiedsgruß der Sonne verstände, springt er auf und steht mit zur Sonne gewendetem Kopf, im rötlichen Lichte erglänzend, in seiner ganzen Schön- heit da. Der Jäger hat einen Entschluß gefaßt. Er läßt seinen Karabiner liegen und kriecht, tief zur Erde gebückt, näher. Jetzt ist er bis auf 20 Schritt heran; er springt auf. Wie ge- bannt steht der Wasserbock, nur den Kopf zu der unerwarteten Erscheinung gewendet. — Da stehen Mensch und Tier in der großen, freien Natur sich Auge in Auge gegenüber. In einem Augenblick glaubt der Jäger im Auge des Tieres Verwunderung in Entsetzen übergehen zu sehen. — Mit einem Sprung ist der Bock auf dem Rand der Regenrinne, und in gestrecktem Galopp, den Kopf weit zurückgebogen, flieht er über die weite Ebene dahin, alle Tiere in seiner Panik mit sich reißend. Wie gut, daß er das Tier nicht erlegt hat; er atmet er- leichtert auf, ihm ist so frei, so wohl ums Herz. Als er zurückschreitet, um seinen Karabiner aufzunehmen, steht da einer seiner Neger mit solch’ einem erstaunten, dummen Gesicht, daß er hell auflachen muß. Das will dem Schwarzen nicht in den Kopf, warum sein Herr den Bock nicht erlegt hat; er hatte es doch so leicht! — — 2. Ein König unter den Tieren. Ein Löwe, der sich vor zwei Tagen so satt gefressen hatte, daß er den ganzen gestrigen Tag in trägem Nichtstun ver- brachte, erwacht nach langem, erquickendem Schlummer, gähnt streicht sich mit den Tatzen über die Schnauze und blickt
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