1910 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Die Viehzucht ist ein l o h n e n d e r E r w e r b. Tie Einnahmen der
Landwirtschaft in Deutschland stanunen zu 2/b aus Vieh-, zu '/4 aus Getreide-
verkäufen und zu '/6 aus dem Absatz anderer Ackerfrüchte. — Ausschließlich der
Viehversorgung dient in Deutschland etwa l/z soviel Boden, als Ackerland da ist.
Die besten Wiesen haben unsere Marschen. Sie liefern deshalb ausgezeichnetes
Vieh (Kehdingen, Westholstein, Ostfriesland).
2. Die Viehhaltung. Die Vieharten sind ganz ungleich über Deutsch-
land verteilt. Überall ist das Pferd zu Hause. Die Zucht betreiben
Ostpreußen (Trakehner!), Mecklenburg, Holstein, Oldenburg. Zur Hebung
der Pferdezucht hat der Staat Landgestüte eingerichtet; Hannover hat eins
in Celle. In der Pferdezucht wird Deutschland nur übertroffen von seinen
Nachbarstaaten Dänemark, Belgien und den Niederlanden. — In diesen
3 Ländern und in Großbritannien ist auch die R i n d e r z u ch t stärker als
in Deutschland. Rußland hat 4 mal soviel Pferde, aber nur 2 mal soviel
Rinder als Deutschland. Zahlreich ist Rindvieh vorhanden in Holstein,
Hannover, Schlesien, Süddeutschland (Algäuer). — In der Schweine-
zucht wird Deutschland nur von Belgien überholt, wo aus 1 qkm 43, bei
uns 41 Schweine kommen; aber mit seiner Gesamtzahl steht Deutschland
vornan in Europa.
Daß die Schafzucht zurückgegangen ist, hat seinen Hauptgrund in der
billigen Einfuhr von Wolle, Häuten u. a. Erzeugnissen aus Australien, Argentinien,
Rußland. Diese Länder bieten in ihren weiten Ebenen Raum für große Herden.
Es kommt aber für Deutschland hinzu der Mangel an Hirten, die Aufforstung
der Heiden, Ersatz des Stalldüngers durch Kunstdünger. Pommern hat noch die
meisten Schafe; es folgen Mecklenburg, Braunschweig, Provinz Sachsen. Eine
besondere Schafart ist die Heidschnucke der Lüneburger Heide. — Dagegen hat die
Haltung der Z i e g e , „der Kuh des kleinen Mannes", stark zugenommen. — Die
Bienenzucht ist bedeutend in der Heide.
Pf 3. Der Zuwachs. Nicht immer hat Deutschland soviel Vieh gehabt.
Mit der Zahl der Bewohner ist auch die Viehzucht gewachsen. Von 1883
bis 1907 stieg die Zahl der Pferde von 3 500 000 auf 4 300 000, der Rinder
von 16 000 000 auf 21 000 000, der Schweine von 9 000 000 auf 22 000 000.
Damit ist der Wert der Ställe des Bauern in dem Zeitraum um mehrere
Milliarden Mk. gestiegen. Die Zahl der Schafe ist von 19 000 000 auf
8 000 000, also um 11 000 000 zurück-, die der Ziegen aber um 900 000 auf-
wärtsgegangen.
4. Die Einfuhr. Würde nicht mehr Fleisch gegessen als früher, so würde
der Bauer unsern Bedarf decken können. Besonders in den Städten wird
sehr viel Fleisch verzehrt. Je größer die Städte, je stärker der Industrie-
betrieb einer Gegend, desto mehr wird Fleisch regelmäßige Kost. Im König-
reich Sachsen verbrauchte ein Mensch im Jahre durchschnittlich an Fleisch
1870 nur 23 kg, 1899 aber 44 kg.
Weltkunde C. Ii.