1910 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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sahen sie es, daß der freie, wohlhabende Bürger die Hauptrolle im Leben
des deutschen Volkes spielte. In der gewaltigen Erregung, welche die Re-
formation durch Luther in aller Welt wachgerufen hatte, beschlossen ange-
sehene Ritter, ihrem Stande mit Waffengewalt den Platz wieder zu er-
kämpfen, welchen sie einst im Reiche eingenommen hatten (1523). Franz
von Sickingen und Ulrich von Hutten waren die Führer der Ritterschaft.
Aber ihr Versuch mißlang. Sie wurden von den deutschen Fürsten geschlagen..
Franz von Sickingen fand den Tod: Ulrich von Hutten mußte fliehen und
starb im Elend.
Weit gefährlicher war der Aufstand der Bauern in Deutschland. Die
Zahl der freien Bauern war inr Laufe des Mittelalters stark zusammen-
geschmolzen. Die Bauern waren teils Zinsleute der Großen, teils Hörige
ihrer Gutsherren geworden. Sie mußten diesen macherlei Abgaben (Pacht-
zins, Zehnten von Korn und Vieh, das Besthaupti geben und Hand- und
Spanndienste leisten. Ihre alten Rechte waren ihnen genommen und schwere
Lasten dafür auferlegt. Deswegen hatte schon 10 Jahre vor Luthers Geburt
ein Bauernverein in Mittel- und Süddeutschland (der Bundschuh) einen
Aufruhr gemacht. Am Anfang des 16. Jahrhunderts waren neue Empörungen
der Bauern blutig niedergeschlagen. Nun hörten die armen, gedrückten
Bauern, daß Dr. Luther die „Freiheit des Christenmenschen" predige. Er
nreinte damit, daß der Christ sich in g e i st l i ch e n Dingen nicht an
Menschensatzungen, sondern nur an Gottes Wort binden solle. Die Bauern
aber meinten, die Freiheit des Christenmenschen bestehe in der Befreiung
von weltlichen Abgaben, Lasten und Diensten. Sie forderten diese Freiheit
von ihren Herren; aber diese wiesen sie trotzig ab. Nun entbrannte durch
fast ganz Deutschland ein grausamer Kampf zwischen Bauern, Rittern und
Fürsten. Burgen und Klöster, Dörfer und Gehöfte gingen zu Hunderten
in Flanunen auf. Im Jahre 1525 aber unterlagen die Bauern und nmrden
meist schlimmer geknechtet, denn zuvor.
h) Die Reichstage zu Spey er. Kaiser Karl V. hatte unter-
dessen den Franzosenkönig besiegt und zum Frieden gezwungen. Jetzt
wollte er gegen die Anhänger Luthers ernstlich vorgehen. Da aber schloß
der Franzosenkönig ein Bündnis mit dem Papst gegen den Kaiser, und der
Krieg brach aufs neue los. Jetzt bedurfte Karl V. Hülfe von Deutschland.
Er lud die deutschen Fürsten nach Speyer zum Reichstag (1526) und bat sie
um Hülfstruppen. Diese wurden auch bewilligt; aber die Fürsten beschlossen
auch: in Sachen der Religion soll es jeder einstweilen so halten, wie er es
vor Gott und dem Kaiser verantworten kann. Nun breitete sich die evange-
lische Lehre ungehindert aus. Sachsen, Hessen, Anhalt, Lüneburgs