1910 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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erlegen. Nun aber kostete ihm namentlich das stehende Heer sehr viel Geld.
Das wollten die Stände ihm aber nicht bewilligen. Da legte er eine Steuer
(Akzise) auf alle Waren, die im Lande verbraucht wurden. Die Akzise brachte
bald so viel Geld ein, daß der Kurfürst die Stände nur selten noch zu bitten
brauchte. Ja er fühlte sich schließlich so stark, daß er den Ständen ihre alther-
gebrachten Vorrechte ganz nahm und sich wenig mehr um sie kümmerte.
Darüber wurden sie natürlich sehr empört. Aber der Kurfürst ließ sich nicht
irre machen, sondern stlchte überall seinen Willen durchzusetzen, soweit es
möglich war, entweder mit Güte oder mit Gewalt. Die Stände verloren
immer mehr an Macht und Ansehen; der eiserne Wille des Kurfürsten, der
in seinem Heere die nötige Macht hinter sich hatte, galt nach und nach allein
im Lande. So bahnte Friedrich Wilhelm in Brandenburg die unumschränkte
(absolute) Monarchie an.
6. Des Kurfürsten Sorge für fein Land. Der 30jährige Krieg
hatte auch in Brandenburg Stadt und Land entvölkert. Daher war Friedrich
Wilhelm unablässig darauf bedacht, Ansiedler aus Holland, der Schweiz
und der Pfalz in sein Land zu ziehen. Namentlich Holländer nahm er gern,
denn sie verstanden meisterhaft, Sümpfe und Moore zu entwässern und in
fruchtbare Äcker und Wiesen umzuwandeln; auch die Viehzucht blühte
unter ihren Händen auf. Die Pfälzer pflegten besonders den Gemüse- und
Tabaksbau in Brandenburg. Der Kurfürst selber legte auf seinen Domänen
Musterwirtschaften an, an welchen seine Bauern lernen konnten, wie man
Acker- und Gartenbau treiben müsse. Auch verdankt die Mark ihm die Ein-
führung der Kartoffel. Des Kurfürsten Gemahlin Luise Henriette
von Oranien ging ihm bei alledem mit Rat und Tat zur Seite. Als König
Ludwig Xiv. von Frankreich die Protestanten (Hugenotten) seines Landes
zur katholischen Kirche zurückzwingen wollte, rief der Kurfürst sie in sein
Land. Mehr als 15 000 Franzosen wanderten aus Frankreich in Branden-
burg ein. Man nannte sie Emigranten d. i. Auswanderer. Teils waren es
Edelleute, teils Gelehrte, meist aber Gewerbetreibende. Letztere betrieben
namentlich die Wollen- und Seidenweberei, die Gold-, Silber- und Glas-
warenfabrikation und die Spiegelschleiferei. Ausländische Gewebe suchte
er durch hohe Zölle fern zu halten: die Ausfuhr von Wolle verbot er ganz;
andere Rohstoffe durften nur ausgeführt werden, wenn hohe Zölle dafür
gezahlt waren. Er wollte, daß seine Untertanen die Rohstoffe selber ver-
arbeiteten und Geld dabei verdienten. Zur Förderrmg des Handels und
Verkehrs ließ er Straßen anlegen, Posten durchs ganze Land einrichten
und den Friedrich-Wilhelmskanal bei Müllrose bauen. Durch diesen Kanal
konnten die Schiffe unter Benutzung der Havel und Spree aus der Elbe in
die Oder fahren. Er erwarb sogar ein kleines Gebiet an der Goldküste