1910 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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neuen Lehre it R ousseaus mit Begeisterung aufnahmen. Er
verkündigte der Welt: „Alle Menschen sind gleich: alle haben gleiche Rechte
und Pflichten. Könige imb Fürsten von Gottes Gnaden darf es nicht mehr
geben. Die Völker können sich Herrscher wählen, welche sie wollen; sie
dürfen ihnen vorschreiben, wie sie regieren sollen und sie absetzen, wenn sie
ihnen nicht mehr gefallen." Solche Sätze lehrte Rousseau zuerst in Frank-
reich. Sie fanden ungeheuren Beifall und wurden bald in Nordamerika
tatsächlich angewandt. — Der n o r d a m e r i k a n i s ch e F r e i h e i t s -
k a m p, f war ein Vorspiel der französischen Revolution. An der Ostküste
von Nordamerika besaß England eine Anzahl von Kolonien. Diese empörten
sich gegen das Mutterland und erklärten, daß sie von England unab£)ängig
sein wollten (1776). Dagegen wollten sie einen Freistaat (Republik) bilden,
in welchem alle Bürger gleiche Rechte und Pflichten haben sollten. Darüber
brach der nordamerikanische Freiheitskrieg aus. In diesem Kriege zeichneten
sich Benjamin F r a n k l i n und Georg Washington besonders
aus. Unter ihren Fahnen kämpften auch viele Franzosen gegen die Eng-
länder. Diese wurden besiegt und nulßten die nordamerikanischen Kolonien
( = die Vereinigten Staaten von Nordamerika) freigeben. Als die Fran-
zosen später nach Frankreich zurückkehrten, waren sie begeisterte Re-
publikaner. Voll glühenden Eifers strebten sie darnach, ihr Vaterland
auch zur Republik zu machen, um den elenden Zuständen hier ein Ende
zu bereiten.
2. Ihr Ausbruch. Im Jahre 1774 bestieg Ludwig Xvi. den fran-
zösischen Königsthron. Er war noch jung, aber sittenrein und voll guten
Willens, seinem Volk zu helfen. Leider war es zu spät: auch fehlte ihm die
rechte Einsicht, die Tatkraft und kühne Entschlossenheit zu dem schweren
Werke. Er versuchte zunächst, sein Land von der ungeheuren Schuldenlast,
in welche seine Vorgänger es gestürzt hatten, zu befreien; denn Frankreich
stand vor dem Staatsbankerott, weil es die Zinsen seiner Staatsschuld nicht
mehr bezahlen konnte. Aber auch jetzt noch wollten Adel und Geistlichkeit
kein Opfer für das Vaterland bringen. Da berief der Minister des Königs,
Necker, die Reichsstände d. h. die Abgeordneten des Adels, der Geistlichkeit
und des dritten Standes (der Bürger und Bauern). Sie sollten raten und
helfen, Geld anzuschaffen. Bald zeigte es sich, daß viele Männer unter
ihnen waren, welche die bisherige Regierung stürzen und eine neue ins
Leben rufen wollten. Der dritte Stand verlangte, daß nach Köpfen, nicht
nach Ständen abgestimmt werden solle. Als dieser Antrag abgelehnt
wurde, verließen die Abgeordneten der Bürger und Bauern den Saal und
zogen nach dem Ballhause. Hier erklärten sie sich als alleinige Vertreter
des Volkes, als französische Nationalversammlung. Sie