1910 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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3. David von Scharnhorst, ein Bauernsohn aus Bordenau bei
Hannover, gestaltete das preußische Heerwesen gänzlich um. Bisher
waren die Soldaten aus allerlei Volk angeworben; im Jahre 1808 aber
wurde das „Werbesystem" abgeschafft und die allgemeine Wehr-
pflicht in Preußen eingeführt nach dem Grundsatz: „Alle Bewohner
des Staates sind geborene Verteidiger desselben." Jeder wehrfähige
Preuße mußte jetzt auf deu Rrlf des Königs ins Heer eintreten. Ter Soldat
konnte nun aber auch zu den höchsten Stellen int Heere aufsteigen, wenn er
die nötige Bildung besaß oder sich im Kriege auszeichnete. Die barbarischen
Strafen (Stockschläge, Spießrutenlaufen) wurden abgeschafft; dagegen
suchte man das Ehrgefühl des Soldaten rege zu machen. Preußen durfte
zwar nach den Bestimmungen des Tilsiter Friedens (s. S. 192, 5) nur
42 000 Mann Truppen halten. Trotzdem gelang es der Klugheit Scharn-
horsts, in wenigen Jahren sämtliche waffenfähige Preußen zu Soldaten
auszubilden, indem er die hinreichend einexerzierten Mannschaften
(„Krümper") entließ und an deren Stelle Rekruten einzog. Dazu wurden
die feigen Festungskommandanten aus dem Heere ausgestoßen, die Festungen
in besseren Stand gesetzt und in aller Stille die nötigen Waffen fiir den
künftigen Freiheitskampf geschmiedet. Mit Recht wird Scharnhorst als
„Waffenschmied der deutschen Freiheit" gefeiert.
4. Geistliche, Gelehrte und Dichter arbeiteten an der Erneuerung
des preußischen und deutschen Volkes. In Berlin strafte der Prediger
S ch l e i e r m a ch e r mit scharfen Worten den Unglauben und das leicht-
fertige Leben und Treiben der Bewohner und suchte mit zündender Bered-
samkeit den Christenglauben in den Herzen seiner Hörer zu wecken. Der
Philosoph Fichte, eines armen Leinewebers Sohn aus der Lausitz, hielt
in Berlin seine flammenden „Reden an die deutsche Nation." Er geißelte
die schnöde Selbstsucht'der Zeit, die nur an sich selbst denke und sich um das
Wohl und Wehe anderer nicht kümmere. Mit glühenden Worten rief er
das Volk zur Vaterlandsliebe und zu schweren Opfern für die Freiheit und
Wohlfahrt des Vaterlandes auf. Er schob dem deutschen Volk die heilige
Pflicht ins Gewissen, die Jugend zum Guten zu erziehen und ihren Willen
zu stählen, damit sie auch imstande sei, das für gut Erkannte zu üben. Der
„Turnvater" Jahn sammelte Knaben und Jünglinge um sich, um sie
auf der Hasenheide bei Berlin durch Turn- und Fechtübungen für den
Kampf tüchtig zu machen. Und Dichter, wie E r n st Moritz Arndt,
Heinrich vor: Kl ei st, Rückert und Uhland, Theodor
Körner und Max von S ch e n k e n d o r f sangen in ergreifenden
Liedern von Deutschlands Knechtschaft, Not und Schande, von dem Gott,
der Eisen wachsen ließ und keine Knechte wolle, von der Freiheit, dem