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1. Teil 2 - S. 231

1910 - Hannover : Helwing
231 Fabriken, die Massenartikel viel schneller und billiger Herstellen konnten, als die Werkstatt des Handwerksmeisters. Aber diese Fabriken bedurften ungeheurer Massen von Kohlen und Rohstoffen aller Art (Erze, Baum- wolle usw.). Diese heranzuschaffen waren Eisenbahnen und Dampfer nötig, die auch in immer größerer Anzahl gebaut wurden. Nicht minder aber mußten sich viele Tausende fleißiger Hände regen, wenn die Fabriken verdienen wollten. Da die großen Betriebe meist in den größeren Städten angelegt wurden, so mußte notwendig ein starker Zustrom der Arbeiter dahin stattfinden. Es entwickelte sich der Stand der Fabrikarbeiter. Natür- lich spürten die Landwirte nach und nach die „Leutenot", d. h. den Mangel an brauchbaren Knechten, Mägden und Tagelöhnern. Die Jndustne gab ihnen dafür allerdings Maschinen aller Art; aber diese können die Menschen- hand vielfach nicht ersetzen. Auch die kleinen Handwerker gerieten in schwere Not; viele verloren ihre Selbständigkeit und wurden gezwungen, Fabrik- arbeiter zu werden. Wers vermochte, stellte eine Kraftmaschine ein, um sich über Wasser zu halten. Eine ungesunde Entwickelung nahmen Jndustne und Handel, als Frankreichs Milliarden unser Vaterland überschwemmten. Das Geld wollte und sollte arbeiten. Ungezählte Millionen wurden in Industrieanlagen gesteckt. In zwei Jahren entstanden in unserm Vater- lande nahezu an 200 Aktiengesellschaften. Sie schufen neue Fabrikanlagen, bauten Eisenbahnen, legten Bergwerke an u. dgl. Dadurch wurde in Kürze eine solch ungeheuere Masse von Waren erzeugt, daß die Kaufleute immer neue Absatzgebiete aufsuchen mußten. Die Erzeugnisse der deutschen In- dustrie vervollkommneten sich zum Teil so, daß sie sich mit den besten eng- lischen und belgischen messen konnten. Selbstverständlich wuchs auch die deutsche Handelsflotte ungeahnt schnell. Sie steht heute an dritter Stelle in der Welt (Bremer Lloyd: Paketfahrt-Aktiengesellschaft in Hamburg u. a.). b) D e r g r o ß e „ K r a ch ". Dem „Tanze um das goldene Kalb" folgte ein furchtbarer Zusammenbruch. Es wurden weit mehr Waren her- gestellt, als verbraucht werden konnten. Bald litt Deutschlands Industrie unter der „Überproduktion". Der Absatz stockte; die Fabriken mußten ihren Betrieb entweder stark einschränken oder ganz stilllegen. Zehntausende von Arbeitern wurden mit einem Schlage arbeits- und damit brotlos. Der hohe Verdienst besserer Tage hatte sie an allerlei Genüsse gewöhnt, die sie sich nun versagen mußten. Das alles machte sie unzufrieden mit sich und aller Welt. Dazu kam die Erkenntnis, daß sich niemand um ihr Schicksal kiimmerte, wenn sie krank, alt und schwach geworden waren. Es war nicht das Band christlicher Bruderliebe, welches Arbeitgeber und Arbeiter ver- band; sondern im Jagen nach Gewinn und Genuß beutete der Stärkere den Schwächeren aus. Da liehen Tausende von Arbeitern nur zu leicht
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