1910 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Fabriken, die Massenartikel viel schneller und billiger Herstellen konnten,
als die Werkstatt des Handwerksmeisters. Aber diese Fabriken bedurften
ungeheurer Massen von Kohlen und Rohstoffen aller Art (Erze, Baum-
wolle usw.). Diese heranzuschaffen waren Eisenbahnen und Dampfer
nötig, die auch in immer größerer Anzahl gebaut wurden. Nicht minder
aber mußten sich viele Tausende fleißiger Hände regen, wenn die Fabriken
verdienen wollten. Da die großen Betriebe meist in den größeren Städten
angelegt wurden, so mußte notwendig ein starker Zustrom der Arbeiter
dahin stattfinden. Es entwickelte sich der Stand der Fabrikarbeiter. Natür-
lich spürten die Landwirte nach und nach die „Leutenot", d. h. den Mangel
an brauchbaren Knechten, Mägden und Tagelöhnern. Die Jndustne gab
ihnen dafür allerdings Maschinen aller Art; aber diese können die Menschen-
hand vielfach nicht ersetzen. Auch die kleinen Handwerker gerieten in schwere
Not; viele verloren ihre Selbständigkeit und wurden gezwungen, Fabrik-
arbeiter zu werden. Wers vermochte, stellte eine Kraftmaschine ein, um
sich über Wasser zu halten. Eine ungesunde Entwickelung nahmen Jndustne
und Handel, als Frankreichs Milliarden unser Vaterland überschwemmten.
Das Geld wollte und sollte arbeiten. Ungezählte Millionen wurden in
Industrieanlagen gesteckt. In zwei Jahren entstanden in unserm Vater-
lande nahezu an 200 Aktiengesellschaften. Sie schufen neue Fabrikanlagen,
bauten Eisenbahnen, legten Bergwerke an u. dgl. Dadurch wurde in Kürze
eine solch ungeheuere Masse von Waren erzeugt, daß die Kaufleute immer
neue Absatzgebiete aufsuchen mußten. Die Erzeugnisse der deutschen In-
dustrie vervollkommneten sich zum Teil so, daß sie sich mit den besten eng-
lischen und belgischen messen konnten. Selbstverständlich wuchs auch die
deutsche Handelsflotte ungeahnt schnell. Sie steht heute an dritter Stelle
in der Welt (Bremer Lloyd: Paketfahrt-Aktiengesellschaft in Hamburg u. a.).
b) D e r g r o ß e „ K r a ch ". Dem „Tanze um das goldene Kalb"
folgte ein furchtbarer Zusammenbruch. Es wurden weit mehr Waren her-
gestellt, als verbraucht werden konnten. Bald litt Deutschlands Industrie
unter der „Überproduktion". Der Absatz stockte; die Fabriken mußten ihren
Betrieb entweder stark einschränken oder ganz stilllegen. Zehntausende von
Arbeitern wurden mit einem Schlage arbeits- und damit brotlos. Der
hohe Verdienst besserer Tage hatte sie an allerlei Genüsse gewöhnt, die sie
sich nun versagen mußten. Das alles machte sie unzufrieden mit sich und
aller Welt. Dazu kam die Erkenntnis, daß sich niemand um ihr Schicksal
kiimmerte, wenn sie krank, alt und schwach geworden waren. Es war nicht
das Band christlicher Bruderliebe, welches Arbeitgeber und Arbeiter ver-
band; sondern im Jagen nach Gewinn und Genuß beutete der Stärkere
den Schwächeren aus. Da liehen Tausende von Arbeitern nur zu leicht