1910 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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getreten, der behauptete, er sei Nachfolger des „Apostelfürsten" Petrus.
Man nannte ihn „Papst". Die christlichen Völker des Abendlandes hatten
sich mehr und mehr gewöhnt, in ihm das Oberhaupt der „katholischen"
d. h. allgemeinen Kirche zu sehen. Welches Ansehen er genoß, das erkennen
wir z. B. daraus, daß der fränkische Hausmeier Pippin, ehe er seinen König
vom Thron stieß, beim Papst anfragen ließ, ob der König sein solle, der nur
den Namen trage, oder der, der das Reich regiere. Auf den päpstlichen
Ausspruch hin, daß letzterem die Krone gebühre, entthronte Pippin seinen
König und nahm selber den Thron des Frankenreiches ein. Für seinen
Ausspruch gab Pippin dem Papste dann die Herrschaft über ein Land-
gebiet in Mittelitalien. So hatte der geistliche Herrscher nun auch ein welt-
liches Fürstentum, den „Kirchenstaat", mit der Hauptstadt Rom, und der
Frankenkönig war Schirmherr desselben. Der Papst begriff sehr wohl,
daß seine Herrschaft nur Bestand haben könne, wenn sie sich auf eine starke,
weltliche Macht stütze. Darum setzte er int Jahre 800 dem Frankenkönige
Karl d. Gr. die römische Kaiserkrone aufs Haupt. Dann warf er sich vor
dem römischen Kaiser Karl auf die Knie und huldigte ihm. Karl versprach
der Kirche seinen Schutz: aber er duldete niemals auch nur den leisesten
Eingriff des Papstes in seine kaiserlichen Rechte. Nur in Sachen des Glaubens
erkannte er den Papst als obersten Richter an; im übrigen war der Kaiser-
unumschränkter Herr im Reiche. — Unter den schwachen Nachfolgern Karls
ist das anders geworden. Schon Ludwig dem Fromnren trat der
Papst als Herr und Gebieter auch in weltlichen Dingen gegenüber. Bald
tauchte jene Sammlung sogenannter alter päpstlicher Erlasse auf, die meist
gefälscht waren. Aus diesen suchten die Päpste zu beweisen, daß der Papst
nicht nur das Oberhaupt der Kirche, sondern der Welt sei, also auch über
dem Kaiser stehe; daß die Fürsten nur Diener des Papstes seien; daß alles,
was der Papst befehle, unanfechtbares Gesetz sei. Die Kaiser aus dein
Sachsenhause freilich traten diesen Ansprüchen kräftig entgegen. Otto
d. Gr. kam mit seinem Heere über den treulosen Papst, eroberte Rom und
ließ die Römer schwören, nie einen Papst ohne Zustimmung des Kaisers
zu wählen. Heinrich Ii. leitete die Kirche mit unumschränkter Gewalt.
Er setzte Bischöfe ein und ab, ernannte die Äbte der Klöster und führte den
Vorsitz auf den Synoden. Ebenso herrschten die fränkischen Kaiser Kon-
r a d Ii. und H e i n r i ch Iii. über das damals so tief gesunkene Papsttum.
Heinrich Iii. ließ 3 Päpste absetzen und ernannte selbständig mehrere
Päpste. Damit war der Höhepunkt der Herrschaft des Kaisertums über
das Papsttum erstiegen.
2. Kaiser und Papst wider einander. Unter Kaiser Heinrich Iv.
begann der Kampf der beiden Mächte. Zu seiner Zeit saß Gregor Vii. aus