1908 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte, Geographie
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Bogenschießen und Speerwerfen üben; gern begleiteten sie den Vater
auf' die Jagd. Die Mädchen blieben bis zu ihrer Verheiratung im
Elternhause. Wenn der Bräutigam die Braut heimführte, fo schenkte
er ihr wohl ein Streitroß oder ein Paar angeschirrte Stiere oder auch
Lanze und Schild. Letzteres sollte ihr sagen, daß sie ihm nötigenfalls
auch in den Kampf folgen müsse. Der erwachsene Sohn wurde durch
die „Schwertleite" für mündig und wehrhaft erklärt. Damit war er
aus der väterlichen Vormundschaft entlassen und konnte jetzt gehen,
wohin er wollte. Mancher jüngere Bruder blieb auf dem Hofe des
älteren und arbeitete für ihn; viele Erblose aber zogen in die Fremde
lz. B. zu den Römern), um Hos- und Heerdienst zu suchen.
6. Votksklassen und Volksversammlungen der alten Deutschen
Bei unsern Altvordern gabs zwei Menschenklassen: Freie und Unfreie. Die
Freien waren entweder Edle oder Bauern; die Unfreien Hörige oder
Sklaven. Jeder Germane, der einen Hof besaß, war ein freier Mann.
Er allein durfte Waffen tragen und die Volksversammlungen besuchen.
Die freien Männer eines Gaues kamen zur Zeit des Neu- oder Vollmondes
auf der Malstatt zusammen. Sie hielten hier Rat über Krieg und Frieden,
schlossen Bündnisse mit anderen Gauen und hielten Gericht über Angeklagte.
Konnte man durch Zeugen nicht feststellen, oll der Angeklagte schuldig oder
unschuldig sei, dann entschied das Gottesurteil. Das war zwischen Freien
der Zweikampf, bei Unfreien die Feuer- oder Wasserprobe. Der Verurteilte
zahlte als Strafe das Wergeld (Rosse, Rinder usw.). Ein Todesurteil über
einen freien Mann durfte nur die Gottheit durch den Mund des Priesters
sprechen. Endlich wurde in den Versammlungen die Schwertleite erteilt.
Sie endigten mit einem Festgelag. — Einzelne Stämme hatten schon in
früher Zeit Könige. Diese führten den Vorsitz in den Volksversammlungen
und im Gericht und hatten den Oberbefehl im Kriege. Junge, erblose
Germanensöhne traten gern in den Dienst eines Königs. Sie bildeten sein
Gefolge und dienten ihm treu bis in den Tod. Der König dagegen nährte,
schützte und beschenkte sie. — Die Hörigen waren freigelassene Sklaven und
lebten als Pächter aus dem Gut eines freien Mannes. Als rechtlose Knechte
(Sklaven) traf man auf deutschen Gehöften fast nur Kriegsgefangene an, die
gleich dem Vieh verkauft werden konnten.
Eine größere Anzahl von benachbarten Grundbesitzern bildete eine
Gemeinde (Markgenossenschaft), mehrere Gemeinden einen Gau, mehrere Gaue
einen Stamm.
7. Die Religion der alten Deutschen war einfach und
sinnig. Sie verehrten die gewaltigen Kräfte der Natur, die sie sich
als persönliche Wesen, als Götter, dachten. Der höchste Gott der
Germanen war Wodan (Allvater), der Herrscher der Welt. Als ein-
äugiger, streitbarer Held, umwallt vom blauen Sturmmantel, den grauen
Wolkenhut auf dem Lockenhaupt, jagt er auf weißem Rosse im Wetter
durch die Lüfte. Das „wütende Heer" folgt ihm. Sein Thron steht
in Walhalla. Von dort aus spendet er Regen und Sonnenschein, gibt
er wackeren Helden den Sieg. Zwei Raben tragen ihm Kunde zu