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1908 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte, Geographie
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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seine geliebte Königin zu begrüßen. Mit unendlichem Jubel wurde sie
in Berlin empfangen. Aber ihr Herz wurde nicht mehr froh, denn
sie fühlte, daß eine schlimme Krankheit an ihrem Leben zehrte. Sie
wünschte sehnlich, ihre Heimat und ihre Lieben dort noch einmal wieder-
zusehen. Gern erfüllte der König ihren Wunsch. Sie nahm schmerz-
lichen Abschied von Gemahl und Kindern und reiste 1810 nach Schwerin
ab. Hier wurde Luise mit zärtlichster Liebe empfangen. Später kam
auch der König nach. Da brach die Königin unter einem heftigen
Anfall ihrer Krankheit zusammen. Doch sie überwand den Anfall, und
ihr Befinden besserte sich. Der König konnte ohne Besorgnis wieder
abreisen. Aber wenige Tage später kehrten die Brustschmerzen schlimmer
als zuvor wieder. Der König wurde schnell zurückgerufen. Er kam
und brachte den Kronprinzen und den Prinzen Wilhelm mit. In
tiefstem Schmerz nahmen sie Platz am Sterbelager der Königin. Gegen
9 Uhr abends neigte Luise das Haupt zurück und rief: „Herr Jesus,
mach es kurz!" Dann tat sie noch einen tiefen Atemzug. Es war
der letzte. Der König drückte ihr die Augen zu, die ihm so treu ge-
leuchtet hatten.
§ 71. Kaiser Wilhelm I. 1. Wilhelms Jugendzeit.
Am Sterbelager der Königin Luise stand auch Prinz Wilhelm. Er
war als zweiter Sohn Luisens am 22. März 1797 in Berlin geboren.
Mit größter Sorgfalt hatte die Mutter dieses so schwache Kind gepflegt.
Sobald Prinz Wilhelm kräftig genug war, mußte er mit dem älteren
Bruder exerzieren. Dabei zeigte es sich, daß ein richtiger Soldat in ihm
stecke, der die Übungen sehr genau erfaßte und ausführte. Daneben
mußte er tüchtig lernen. Das Lernen aber wurde ihm nicht so leicht,
wie dem Kronprinzen. Mit der Arbeit wechselte das fröhliche Spiel,
das den königlichen Kindern namentlich in Paretz das höchste Ver-
gnügen bereitete. (S. S. 116, 3.) Das einfache, anspruchslose Leben
der Eltern gefiel dem Prinzen Wilhelm sehr. Er hat sein ganzes
Leben lang nicht davon gelassen. Die Königin nahm ihre Kinder mit
in den Gottesdienst und ins Waisenhaus. Sie sollten früh lernen,
den Armen wohlzutun und sie zu erfreuen. — Schnell flössen die glück-
lichen Jahre dahin. Es folgte eine Zeit voll Schmerz und bitterer
Tränen. Kaiser Napoleon I. schlug die Preußen und eroberte ihr Land.
Prinz Wilhelm mußte mit der Mutter fliehen. Unterwegs warf ihn
ein schlimmes Nervenfieber aufs Krankenbett. Er sah die Trauer der
Eltern, und fing an, zu ahnen, welch furchtbares Unglück die Eltern
getroffen hatte. Tief prägte sich ihm das Wort der Mutter ins Herz:
„Werdet Männer und geizet nach dem Ruhm großer Helden!" Kaum
waren die schweren Jahre überwunden, da stand Prinz Wilhelm am
Sterbebette der treuen Mutter. Mit ihr sank das Liebste, was er aus
der Welt hatte, ins Grab.