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1. Abt. 2 - S. 332

1884 - Wismar : Hinstorff
332 eingeschlafen". Die eheliche und häusliche Innigkeit des hohen Paares wurde durch das Unglück nur befestigt. Wie trefflich verstand cs „seine liebe Luise" den in sich gekehrten Gemahl aufzurichten und zu ermutigen. Ihre Kinder waren ihre größten Schätze, und ihre Augen ruhten angesichts der trüben Zeit voll Hosf- nung auf ihnen. Im Jahre 1808 machte das Königspaar einen Besuch in Petersburg. Alle ihr dort gebrachten Huldigungen vermochten jedoch der Königin keine unbefangene Freude mehr zu bereiten; sie fühlte, daß ihr Reich nicht mehr von dieser Welt sei. Schon in Petersburg war sic von Unwohlsein ergriffen worden; den ganzen Sommer 1809 hindurch fühlte sic sich leidend. Am Ende des Jahres wurde endlich ihre Sehnsucht erfüllt, wieder nach Berlin zurückkehren zu können. Es war ein Triumphzug, und aller Orten wurde dem Königspaare der rührendste Empfang zuteil. Diese Reise und der Besuch bei ihrem Vater, dem Herzoge von Mccklenburg-Strelitz. waren die letzten Sonnenblicke für die Leidende. Es war ihr langjähriger Wunsch gewesen, noch einmal am väterlichen Hofe einen Besuch zu machen. Dieser Wunsch wurde ihr im folgenden Sommer erfüllt. Ihre Um- gebung ward aber leider! bald gewahr, daß das Antlitz der Leidenden deutlich den Todeskeim zeigte. Sie erkrankte bedenklich. Husten. Fieber und eine große Mattig- keit waren eingetreten, und plötzlich stellte sich auch ein heftiger Brustkrampf ein. Der König wurde von Berlin gerufen und traf mit seinen beiden ältesten Söhnen ein, dem späteren Nachfolger Friedrich Wilhelm Iv. und Wilhelm, unserm jetzigen Kaiser; ersterer war damals 15, letzterer 13 Jahre alt. Es war die letzte Freude für die Sterbende, noch einmal ihre Lieben zu sehen. Der König war gebrochen von Schmerz; schon wenige Stunden nach seiner Ankunft trat wieder ein heftiger Krampfanfall ein; kurze Zeit darauf bog die Königin sanft das Haupt zurück und schloß die Augen, ausrufend: „Herr Jesus, mach es kurz!" Noch einmal atmete sie auf. und mit diesem stillen Seufzer endete ihr Leben. Der König drückte seiner Luise die Augen zu, — seines Lebens Sterne, die ihm auf seiner dunklen Bahn so treu geleuchtet. Der tiefste Schmerz eines ganzen Volkes begleitete den Leichenzug nach Berlin und nach Charlottcnburg, wo ihr der edle Gemahl in dem berühmten Mausoleum eine Ruhestätte bereitet hat. wie sie ihrer und seiner würdig ist. Auf einem Sarkophage ruht die schlafende Königin unvergleichlich schön vom Bild- hauer Rauch in Marmor geschaffen. Tausende pilgern jährlich dahin in dankbarer Erinnerung an die „unvergeßliche Luise." Für die königliche Familie aber ist der Todestag der edlen Entschlafenen noch heute ein Bet- und Gedenktag an die früh Verklärte. (Nach Eylert.) 250. Die geraubte Blume. Die schöne Pfaueninsel, auf welcher Friedrich Wilhelm Iii. viele seltene Tiere und Pflanzen unterhalten und pflegen ließ, war zu seiner Zeit ein beliebter Besuchsort für die Bewohner von Potsdam und Berlin, denen wie jedem Frem- den der Zutritt zweimal in der Woche gestattet war. Einst hatte die Kaiserin von Rußland ihrem hochverehrten Vater eine wun- derschöne Blume geschickt. Sie war von angenehmem Dufte und entfaltete unter der Hand des kunstsinnigen Hofgärtners eine' seltene Farbenpracht. _ Der König hatte "seine Freude an dieser seltenen Blume, betrachtete sie^ oft in seiner stillen Gemütlichkeit und nannte sie nach seiner geliebten Tochter. So oft er in dieser Zeit nach der Pfaueninsel kam. wo er gern weilte, pflegte er gleich beim ersten
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