1889 -
Braunschweig [u.a.]
: Wollermann
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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wütig ausgerufen haben: „Das ist die Hand, mit der ich Heinrich den Eid der Treue
schwur." Noch heute zeigt man diese Hand im Dome zu Merseburg.
9. Gnde Gregors Vh. Der Papst hatte anfangs der Wahl Rudolfs gegenüber
eine abwartende Stellung eingenommen. Später aber war er entschieden für Rudolf
eingetreten und hatte Heinrich abermals in den Bann gethan. Da erschien Heinrich
mit einem mächtigen Heere vor Rom, erklärte den Papst für abgesetzt und ließ einen neuen
Papst wählen. Drei Jahre wurde Gregor in Rom belagert. Endlich gelang es einem
tapfern italienischen Ritter, ihn zu befreien und nach Salerno in Sicherheit zu bringen.
Hier starb Gregor mit den Worten: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt, darum sterbe ich
in der Verbannung."
10. Keinrichs ßnde. Nach so vielen Unruhen mußte es Heinrich Iv. noch erleben,
daß sich sein eigener Sohn Heinrich, von den Feinden des Vaters aufgehetzt, gegen ihn
empörte und ihn sogar hinterlistigerweise gefangen nahm. Zwar gelang es dem Vater zu
entfliehen; aber bald darauf starb er, gebrochen an Leib und Seele, zu Lüttich (1106).
Selbst im Tode noch lastete der Bann auf ihm; seine Leiche wurde zweimal begraben und
zweimal wieder aus dem Grabe gerissen. Ein Mönch aus Jerusalem bewachte sie und be-
tcte für Heinrichs Seele. Im Jahre 1111 endlich wurde die Leiche vom Bann befreit
und in Speier feierlich beigesetzt. Sein ungeratener Sohn Heinrich V. folgte ihm in der
Regierung. Mit ihm erlosch das fränkische Kaiserhaus (1125).
17° J)ev evffe K^errzzrrg. 1096—1099.
1. Wclufcrhrrten. Schon seit dem 4. Jahrhundert war die Sitte herrschend ge-
worden, Wallfahrten nach dem heiligen Lande zu unternehmen, um am Grabe des
Erlösers zu beten und im Jordan zu baden. Der Priester kleidete den Pilger in ein
langes Pilgergewand und versah ihn mit Kreuz. Pilgertasche und Pilgerstab. In allen
christlichen Ländern konnten die Pilger aus gastfreie Aufnahme rechnen, und so lange
die Araber im Besitze des heiligen Landes waren, durften sie ungehindert gehen und
kommen. Als aber im 11. Jahrhundert die Türken Herren des Landes wurden, hatten
die Pilger viele Drangsale auszustehen; sie wurden beraubt, mißhandelt und zuweilen
sogar getötet.
2. ^etex von Anriens. 1094 machte auch der Mönch Peter von Amiens eine
Wallfahrt nach Jerusalem. Als er einst am heiligen Grabe betete, vermeinte er die
Stimme des Erlösers zu vernehmen: „Auf, Peter, eile in deine Heimat und verkünde
die Leiden meines Volks, aus daß ihm geholfen und die Stadt von den Ungläubigen
befreit werde!" Sofort machte er sich auf und eilte zum Papste nach Rom. Dieser be-
auftragte ihn, Italien und Frankreich zu durchziehen und das Volk für die Befreiung
Jerusalems zu begeistern. Mit heiligem Eifer führte er diesen Auftrag aus. Barfuß und
ohne Kopfbedeckung saß er, rückwärts gewendet, auf einem Esel; in der Hand hielt er ein
Kruzifix; sein Gesicht war bleich und abgezehrt, und das lange Pilgerhemd wurde von
einem Stricke zusammengehalten. Überall erzählte er sein himmlisches Gesicht, betete,
klagte, weinte und gewann so aller Herzen für einen Zug in das Heilige-Land. Wie ein
Heiliger wurde er verehrt, und glücklich pries man diejenigen, denei? vergönnt war,
seine Kleidung zu berühren. Ja, sogar die Haare, welche man seinem Esel ausriß, wur-
den als Heiligtümer aufbewahrt.
3. ¿fcxxdfyenvexfaxnmzung in fgzexxnont. Bald darauf berief dc7 Papst eine
Kircheuversammlung nach Clermont. Hier auf freiem Felde schilderte er, wie der Tem-
pel in eine Moschee verwandelt, die Bilder des Heilandes an Nase und Ohr, an Arm
und Bein verstümmelt und die Christen gemartert und geschändet worden. Wer an dem
Kampfe gegen die Ungläubigen teilnehmen würde, dem wurde Vergebung der Sünden
und ewiger Lohn im Himmel zugesichert. „Gott will es, Gott will es!" erscholl es aus
dem Munde aller, und Taufende waren bereit, zum Kampfe gegen die Ungläubigen
auszuziehen. Sofort schnitt der Papst aus seinem Purpurmantel Kreuze und heftete sie
den Vornehmsten auf die rechte Schulter. Bald trug jeder, der mitziehen wollte, ein
solches Zeichen; daher die Benennungen „Kreuzfahrer" und „Kreuzzug".
4. Hzegeisterurrg. In wenigen Wochen verbreitete sich diese Begeisterung durch