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1. Anschaulich-ausführliches Realienbuch - S. 90

1889 - Braunschweig [u.a.] : Wollermann
— Sy — Die Gärten bieten Obst, Gemüse und Kartoffeln, in den Kellern sind große Weinvorräte, Brot und Fleisch wird reichlich geliefert, und an „Liebcscigarren" ist auch kein Mangel. Das Leben wäre hier ganz erträglich gewesen, wenn nur nicht fortwährend der Kanonen- donner dazwischen gebrummt und der Vorpostcndienst die behagliche Ruhe gestört hätte. 3. Kampf und Hbergcrbe. In Paris hatte man wohl an 300 000 Mann, zum größten Teile Mobilgarden (eine Art Landwehr), zusammengezogen. Bald hier, bald dort wurde ein Ausfall gemacht, aber immer wurden die Franzosen von den Deutschen zurückgeschlagen. Die Pariser lebten in großer Angst. Keinen Abend mehr brannten sie Gas, aus Furcht, eine Bombe könne einschlagen. Aber erst um Weih- nachten begann die eigentliche Beschießung. Ein Befestigungswerk nach dem andern wurde zum Schweigen gebracht, und immer enger zog sich der Kreis um die Stadt zusammen. An 20 000 Granaten wurden täglich in die Stadt hineingeworfen, und an verschiedenen Orten entstand Feuer. Schlimmer aber noch war der Mangel an Lebensmitteln, der sich bald einstellte. Schon seit Mitte Dezember war Pferdefleisch ein Leckerbissen ge- worden, und man verschmähte weder Hund noch Katze, ja, nicht einmal Ratten. Auch an Holz und Kohlen fehlte es, und der Winter war bitter kalt. Krankheiten aller Art stellten sich ein, ganz besonders wüteten die Pocken. Kein Stand, keine Familie blieb von den Leiden und Entbehrungen der Belagerung verschont. Von Tag zu Tag wurde die Not größer. Noch einmal, am 19. Januar, sollte ein Rettungsversuch ge- macht werden. Ungeheure Truppenmassen versuchten in westlicher Richtung auf St. Cloud den Durchbruch. Aber die Deutschen hielten hinter den Schanzen wacker stand. Am Abend mußten die Franzosen wieder zurück; der eiserne Ring blieb geschlossen. Endlich sahen die Pariser ein, daß längerer Widerstand nutzlos sei. Am 28. Januar ergab sich die Stadt; die ganzen Besatzungsmannschaften wurden zu Gefangenen ge- macht, dazu mußten 200 Mill. Frank Kriegskosten von der Stadt gezahlt werden. 4. Hlbercru Sieg. Während der Belagerung von Paris hatte der König sein Hauptquartier in dem königlichen Schlosse zu Versailles. Fast täglich gingen Nach- richten von neuen Siegen ein. Schon am 27. September war Straßburg gefallen, und einen Monat später mußte sich auch Bazaine mit 173 000 Mann in Metz ergeben. Vergeblich hatte Gambetta versucht, mit seinen Mobilgarden Paris zu befreien; aber er war bei Orleans fast vernichtet worden. Auch die Franctireurs (Freischützen), die das Land durchstreiften und in Wald und Feld den Deutschen auflauerten, konnten Frankreich nicht mehr retten. Im Norden wie im Süden, überall drangen die Deut- schen siegreich vor. In 7 Monaten waren 16 große Schlachten gewonnen, 26 Festungen erobert und über 370 000 Franzosen zu Gefangenen gemacht worden. Frankreichs Macht war gebrochen. 5. Wiedernufrichtrrng des deutschen Kaiserreichs. Die gemeinsamen Siege aller deutschen Völker hatten das Gefühl der Zusammengehörigkeit lebhaft ge- weckt; überall brach das Verlangen nach Einigkeit mächtig hervor. Die Fürsten — allen voran der König Ludwig Ii. von Bayern — sowie die Völker richteten daher an König Wilhelm die Bitte, den deutschen Kaisertitel anzunehmen. Der König erfüllte den allgemeinen Wunsch, und am 18. Januar 1871 wurde das vor mehr als 60 Jahren zusammengesunkene Deutsche Reich neu errichtet. Die bedeutungsvolle Feier fand — während noch vor Paris die Kanonen donnerten — im Schlosse zu Ver- sailles statt. In einem großen Saale war ein Altar hergerichtet worden. Um l'/j Uhr erschien der König mit dem Kronprinzen, vielen Fürsten, Ministern rc. und stellte sich mit ihnen vor dem Altar im Halbkreise auf. Ein kurzer Gottesdienst wurde ab- gehalten. Dann trat der König vor und erklärte mit lauter Stimme vor den ver- sammelten Offizieren und den mit dem eisernen Kreuz geschmückten Kriegern, daß er die ihm von den Fürsten und dem Volke dargebotene Kaiserwürde annehme. Gleich darauf verlas Graf Bismarck die Kaiserproklamation an das deutsche Volk. Zum Schlüsse trat der Großherzog von Baden vor und rief: „Seine Majestät der deutsche
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