1889 -
Braunschweig [u.a.]
: Wollermann
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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durch eine Lupe, so sehen wir, daß sie aus kleinen haarähnlichen Gebilden bestehen.
Jedes derselben läßt einen kleinen Stiel und eine Kapsel, den sog. Sporenbehälter, er-
kennen. In der Kapsel finden sich viele kleine Körperchen, die aus einem Bläschen
mit halbstüssigem Inhalte bestehen. Man nennt sie Sporen. Sie dienen ebenso wie
die Samenkörner zur Fortpflanzung, unterscheiden sich aber von den Samenkörnern
hauptsächlich dadurch, daß in ihnen kein Keimling vorhanden ist. Ans den Sporen
des Farnkrauts entwickelt sich nicht unmittelbar die neue Pflanze. Jede Spore bildet
vielmehr zunächst einen herzförmigen „Vorkeim", und diesem erst entsproßt dann das
junge Farnkraut. Der Vorkeim ist also eine Zwischenstufe zwischen Spore und Pflanze.
Alle Pflanzen, welche sich durch Sporen fortpflanzen, heißen Sporenpflanzen.
44. Aas goldene Irauenhaar.
1. Moosrcrfen. Das goldene Frauenhaar kommt in unsern Wäldern überall
vor und bildet hier dichte Rasen und schwellende Polster. Das Leben in Gesellschaft
ist dem Moospflänzchen durchaus notwendig. Ein einzelnes Moospflänzchen würde,
wenn es allein stände, wegen seines zarten Baues bald zu Grunde gehen. Ein Käfer
könnte es umstoßen, ein Sturmwind zerknicken. In Gesellschaft aber klammert sich
ein Pflänzchen an das andre an, und so trotzen sie gemeinschaftlich allen Wider-
wärtigkeiten.
2. Aer Wclir der Moosbkcrtter weicht von dem Ban der Blätter, wie wir sie
bei den offenblütigen Pflanzen kennen gelernt haben, mehrfach ab. So bemerkt
man z. B. in den Moosblättern außer der Mittelrippe keinerlei Blattgefäße (S. 7).
Auch fehlt den Blättern die Oberhaut, weshalb die Ausdünstung bei ihnen viel schneller
vor sich gehen kann. Daher schrumpfen sie bei anhaltender Wärme leicht zusammen
und werden unansehnlich, quellen aber bei feuchter Luft auch schnell wieder auf und
erlangen dann ihre ursprüngliche Frische wieder.
8. Moosbtüten. Beim Moose sind zweierlei verborgene Blüten vorhanden,
die aber so klein sind, daß man sie mit dem bloßen Auge gar nicht sehen kann. Sie
stehen gesondert auf verschiedenen Pflanzen am Gipfel der Moosstengel. Die eine
Art ist mit den Stempelblüten der offenblütigen Pflanzen zu vergleichen und findet
sich an den Pflanzen, welche farblose Blätter am Gipfel tragen; die andere Art ähnelt
den Staubblüten und findet sich bei den Pflanzen, deren Gipfel mit einer rötlichen
Vlattrosette geziert ist. Ans ersteren bilden sich die Mooskapseln.
4. Are Mooskcrpsek entwickelt sich unter einer schützenden Hülle, der „Mutze"
oder „Haube", welche mit dichtem Filze besetzt ist und dem Frauenhaar auch den
Namen „Filzmütze" gegeben hat. Lösen wir diese Hülle von der Kapsel ab, so sehen
wir das Deckelchen, welches die Kapsel von obenher schließt. Zur Zeit der Reife
fallen Haube und Deckel von selbst ab, und wir bemerken dann unter letzterem das
sog. „Trommelfell", eine zarte Haut, welche den stanbähnlichen Samen, die „Sporen"
(S. 3l), bis zur völligen Reife zurückhält. Die obere Öffnung der Kapsel („der
Mund") ist mit 64 Zähnchen besetzt. Zur Zeit der Reife bilden sich zwischen ihnen
und dem Trommelfell kleine Öffnungen wie beim Mohnkopfe, durch welche die Spo-
ren ihren Ansgang finden.
5. Aer Wirherr des Mooses ist größer als man gewöhnlich glaubt. Im Herbste
nimmt es Eicheln und Bucheckern auf und umhüllt sie weich und warm. Zahlreichen
Käse-rchen und Raupen gewährt es ein schützendes Öbdach. Dort liegt ein Häufchen
Spinneneier, hier eine zusammengerollte Blindschleiche, und tief unter der schützenden
Moosdecke halten Hummel und Wespe ihren verborgenen Winterschlaf. Dem durstigen
Erdboden führt das Moos die aufbewahrte Feuchtigkeit zu, und dem Wild gewährt
sein schwellender Teppich ein sanftes Lager.