1889 -
Braunschweig [u.a.]
: Wollermann
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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zahlreicher als vorher auf. Diesmal rühren sie von dem Sauerstoff her, der aus dem
schmelzenden Kali (Kalium, Chlor und Sauerstoff) entweicht. Hält man einen glim-
menden Span über die Luftblasen, so knallen sie anfangs; bald aber entzünden sie
sich, und der Span brennt in heller Flamme. Um nun den Sauerstoff aufzufangen,
nimmt man eine mit Wasser gefüllte Arzneiflasche und stülpt sie über die im Wasser
befindliche Öffnung der Glasröhre. (Beim Umdrehen der Flasche verschließe man die
Öffnung mit dem Finger, bis man sie unter das Wasser des Gefäßes gebracht hat.
Dann läßt man los, da alsdann kein Wasser mehr herausfließt. Warum?) Der ans
der Glasröhre kommende Sauerstoff steigt nun in der Arzneiflasche empor und drückt
nach und nach fast alles Wasser aus demselben heraus. Ist dies geschehen, so verkorkt
man die Flasche, damit keine andre Luft hineinkomme, unterhalb des Wassers. Die
Luft, welche die Flasche enthält, ist Sauerstoff. Taucht man einen glimmenden Span
oder einen glühenden Draht in den Sauerstoff der Flasche, so brennen dieselben mit
heller Flamme.
3. Kigenfchcrften des Sauerstoffs. Der Sauerstoff hat eine große Neigung,
sich mit andern Körpern zu verbinden. Blankes Eisen, das längere Zeit in feuchter
Luft gelegen hat, überzieht sich bald mit Rost. Der in unsrer gewöhnlichen Luft ent-
haltene Sauerstoff hat sich nämlich unter Zusatz von etwas Wasser mit dem Eisen
verbunden und so den Rost gebildet. Auch mit dem Kupfer geht der Sauerstoff in
feuchter Lust leicht eine Verbindung ein, wobei sich das Kupfer mit einem grünen
Überzüge — gewöhnlich Grünspan genannt — überzieht.
Dieser sogenannte Grünspan entsteht in ähnlicher Weise wie der Eisenrost, nur daß
hier der Sauerstoff der Luft (unter Hinzutritt von etwas Wasserstoff und Kohlensäure) sich
nicht mit Eisen, sondern mit Kupfer verbindet. Eine zweite Art von Grünspan entsteht,
wenn man Kupfer mit Essig besprengt, wobei dann statt der Kohlensäure Essigsäure in die
Verbindung tritt. Auch mit andern Säuren (Wein-, Apfel-, Butter- und Fettsäure) ver-
bindet sich das Kupfer, so daß ans diese Weise sehr verschiedenartige Kupfersalze entstehen
können. Alle diese Kupfersalze— Unkundige pflegen sie sämtlich kurzweg mit Grünspan zu
bezeichnen — sind äußerst giftig. Besonders bilden sich die Kupfersalze beim Kochen der
Speisen in kupfernen Gefäßen, wodurch schon manche Vergiftung vorgekommen ist. Es ist
daher bei Anwendung des kupfernen Geschirrs große Vorsicht nötig. Namentlich muß man
sich hüten, die gekochten Speisen in den kupfernen Gefäßen erkalten zu lassen (warum?). — Da
in unsern silbernen (und besonders neusilbernen) Löffeln auch Kupfer enthalten ist, so ist es
immer gefährlich, dieselben in sauren Speisen liegen zu lassen. (Vergl. auch Naturgesch. S. 142).
Manche Speisen und Getränke werden sauer, wenn sie längere Zeit nüt der Lust
in Berührung stehen. Daher überzieht man eingemachte Früchte wohl mit einer Zucker-
schicht oder verwahrt sie in fest verschlossenen Büchsen oder „kocht sie auf", um die
Luft aus den Poren herauszutreiben. (Warum müssen Bier- und Weinflaschen recht
fest zugekorkt werden?) Bei Wärme verbindet sich der Sauerstoff noch leichter mit
andern Körpern als bei kalter Temperatur. Darum verdirbt das Fleisch im heißen
Sommer viel leichter als im Winter und muß in der heißen Jahreszeit in den kühlen
Keller gebracht oder mit Eis bedeckt werden. Von dieser Eigenschaft, den Speisen re.
einen säuerlichen Geschmack zu geben, hat der Sauerstoff seinen Namen erhalten.
(Über die Notwendigkeit des Sauerstofis beim „Verbrennen" s. S. 45.)
4* Stickstoff macht mit dem Sauerstoff den Hauptbeslaudreil der atmosphärischen
Luft aus. Um ihn von den Sanerstosi zu scheiden, legen wir ein kurzes brennendes Talg-
licht aus einen schwimmenden Kork in einer mit Wasser gefüllten Wanne und stülpen ein
leeres Glas über den Kork. Bald wird das Licht verlöschen und das Wasser im Glase
bis etiva zunl fünften ereile in die Höhe steigen. Durch die Flamme ist nämlich der Sauer-
stoss in dem Glase verzehrt worden und nur der Stickstoff zurückgeblieben. Da bei die-
sem Versuche ctioa >/-. der Lust unter dem Glase verbrennt, so schließt man daraus, daß
die Lust zu >/z ans Sauerstoff und zu y5 ans Stickstoff besteht. Den Namen Stickstoff
trägt diese Luft, weil sie, ohne Sauerstoff eingeatmet, den Erstickungstod herbeiführen würde.
Andrerseits ist aber auch der Stickstoff zu unserm Leben unentbehrlich, denn wie das Licht
in reinem Sauerstoff schneller verlischt als in der atmosphärischen Lust, so würde unsre