1904 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 61
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschichte de§ Altertums
Die Ägypter.
1. Das Land. Die alten Ägypter bewohnten hauptsächlich das nur 15
bis 30 km breite Niltal. Dieses Tal verdankt seine Fruchtbarkeit ganz allein
den alljährlichen Überschwemmungen des Nils. (S. Erdk. Ägypten S. 91!) Die
Städte lagen im Niltale dicht beieinander. Die bedeutendsten von ihnen waren
Theben und Memphis. Am Meere wurde später Alexandria gegründet.
7 km nördlich von den Ruinen der alten Königsstadt Memphis ist die jetzige
Hauptstadt des Landes, Kairo [feiro], entstanden.
2. Kasten. Die Ägypter teilten sich in verschiedene Stände. Die beiden Haupt-
stände hießen Kasten. Zu ihnen gehörten die Priester und die Krieger. Sie waren
erblich, und so mußte jeder Sohn werden, was sein Vater war. Die höchste Kaste
bildeten die Priester. Sie besorgten den Gottesdienst, lasen in den heiligen Büchern
und beobachteten die Sterne. Daneben übten sie die Heilkunst, pflegten die heiligen
Tiere und balsamierten die Toten ein. Ans der Kriegerkaste gingen die Könige hervor.
Diese waren zugleich die „ersten Priester". Sie wurden fast göttlich verehrt und führten
sämtlich den Namen Pharao, d. h. Sohn der Sonne. Priester und Krieger waren die
eigentlichen Herrscher des Landes. Das übrige Volk gliederte sich in verschiedene Neben-
stände: Ackerbauer, Handwerker, Hirten, Kaufleute u. s. w. Eigentliche Kasten
bildeten diese nicht, da sich die Angehörigen dieser verschiedenen Stände miteinander
verheiraten durften, was bei den wirklichen Kasten nicht der Fall war.
3. Religion. Die alten Ägypter waren Heiden. Sie verehrten die Kräfte
der Natur, die sie sich als Personen (Götter) vorstellten. Als höchste Wesen
galten Osiris und Isis. Osiris war der Gott der lichtspendenden Sonne und des
befruchtenden Nils, Isis die Göttin des Mondes und der Erde. Daneben ver-
ehrten sie Hunde, Katzen, Schlangen, Krokodile, Ibisse, Ichneumons u. a. Tiere.
Diese waren die Sinnbilder ihrer vielen Götter. Wer ein solches Tier tötete, wurde
mit dem Tode bestraft. Starb die Katze im Hanse, so schoren sich die Hausbewohner
zum Zeichen der Trauer die Augenbrauen ab. Beim Tode eines Hundes schor man
sich den ganzen Kopf kahl. Tote Katzen wurden einbalsamiert und an geweihten
Stätten aufbewahrt, ebenso die Krokodile. Die höchste Verehrung genoß der Stier
„Apis", das Sinnbild des Osiris. Er war am ganzen Leibe schwarz und hatte auf
der Stirn ein weißes Dreieck. In Memphis hatte er einen prächtigen Tempel. Priester
bedienten ihn und reichten ihm mit gebogenem Knie die Speisen. Bei seinem Tode
trauerte das Land 70 Tage. Er wurde einbalsamiert und mit ungeheurer Pracht
begraben. Die Priester aber zogen durch das Land und suchten einen neuen Apis.
Hatten sie einen solchen gefunden, dann wurden große Freudenfeste gefeiert.
4. Begräbnis. Starb ein Ägypter, so wurde sein Leichnam einbalsamiert.
Dabei wurde der Leib ausgeschnitten und die Eingeweide herausgenommen. Dann
rieb man den Leib mit allerlei Salben ein, legte ihn eine Zeitlang in Salzwasser,
bestrich ihn mit Gummi und umwickelte ihn mit Binden. Die so zubereitete Leiche
tvnrde Mumie genannt. Die Gräber der Reichen wurden in Felsen gehauen. Die
Armen begrub man im lockern Sande. Dem Begräbnis der Könige und Vornehmen
ging ein Totengericht voran. Da konnte jeder den Verstorbenen anklagen,
und nicht eher durfte dieser in die Grabkammer gebracht tverden, als bis alle
Schuld durch die Angehörigen gesühnt war. Nach dem Tode hält Osiris mit 32 Bei-
sitzern in der Unterwelt Gericht über jeden Menschen. Hat der Mensch auf Erden
schwer gesündigt, so wird seine Seele in einem Tierkörper (Hund, Schwein u. s. w.)
Rcalienbuch A. (Alte Geschichte.) A. 1