1904 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 61
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
69
I
3. Schmalkñldischer Bund. Nürnberger Religiousfricde. Der Kaiser
ließ eine Widerlegung der Augsburgischen Konfession anfertigen und forderte die
Fürsten auf, bis zum 15. März 1531 zum katholischen Glauben zurückzukehren.
Infolgedessen schlossen die protestantischen Fürsten 1531 den „Schmalkaldischen
Bund", dessen Häupter der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und der
Landgraf Philipp von Hessen waren. Als dann aber zu dieser Zeit die Türken
Wien bedrohten, bewilligte der Kaiser den Protestanten, um ihres Beistandes
sicher zu sein, den Nürnberger Religionssrieden. (1532.) Darin wurde festgesetzt,
daß bis zur nächsten Kirchenversammlung keiner seines Glaubens wegen beeinträchtigt
werden solle.
4. Der Schmalkaldische Krieg. 1545 berief der Papst eine Kirchenver-
sammlung nach Trient. Aber die protestantischen Fürsten erschienen nicht, weil sie
eine „unparteiische" Kirchenversammlung wollten. Auch den Reichstag zu Regens-
burg, den der Kaiser 1546 abhielt, besuchten sie nicht. Da sprach der Kaiser
über die Häupter des Schmalkaldischen Bundes, den Kurflirsten Johann Friedrich
von Sachsen und den Landgrafen Philipp von Hessen, wegen Hochverrats die
Acht aus und suchte sie mit den Waffen zum Gehorsam zu zwingen. Bei Mühl-
berg a. E. kam es 1547 zur Schlacht. Das Heer des Kaisers stand auf dem
linken, das des Kurfürsten auf dem rechten Ufer der Elbe. Da kam ein Bauer
zu dem Kaiser und zeigte ihm eine Furt durch die Elbe, um sich dadurch an den
Kurfürstlichen, die ihm 2 Pferde gestohlen hatten, zu rächen. Unter dem Schutze
des Frühnebels setzten die Kaiserlichen an einem Sonntage durch den Fluß. Der
Bauer führte das Pferd des Kaisers am Zügel, und jeder der kaiserlichen Reiter
nahm einen Fußknecht mit sich hinten aufs Pferd. Der Kurfürst war gerade in
der Kirche. Hier erfuhr er, daß der Kaiser gegen ihn im Anzuge sei; dennoch
wartete er, bis der Gottesdienst zu Ende war. Dann bestieg er einen Wagen
und fuhr auf die Lochauer Heide hinaus. Gleich beim ersten Ansturm ergriffen
feine Reiter die Flucht. Der Kurfürst verließ feinen Wagen, bestieg ein Pferd
und jagte davon. Bald aber holten ihn ungarische Husaren ein und nahmen ihn,
nachdem sie ihn durch einen Hieb ins Gesicht arg verwundet hatten, gefangen.
Mit blutigem Gesicht und Panzer kam er zum Kaiser, kniete vor ihm und redete ihn
an: „Allergnädigster Kaiser!" „So?" entgegnete Karl, „bin ich nun Euer gnädigster
Kaiser? So habt Ihr mich lange nicht geheißen!" Da sagte der Kurfürst: „Ich bin Ew.
Kaiserlichen Majestät Gefangener und bitte um ein fürstliches Gefängnis." „Wohl," gab
der Kaiser zur Antwort, „Ihr sollt gehalten werden, wie Ihr es verdient," und ließ ihn
ins kaiserliche Lager abführen.
Später wurde der Kurfürst zum Tode verurteilt, doch wagte der Kaiser nicht,
das Urteil zu vollstrecken, sondern verwandelte es in ewige Gefangenschaft.
5. Herzog Moritz von Sachsen, der Schwiegersohn Philipps von Hessen,
lebte mit seinem Vetter, dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, häufig in
Streit. Infolgedessen sagte er sich vom Schmalkaldischen Bunde los und schloß
sich dem Kaiser an, der ihn bald zu seinem Lieblinge erkor und nach der Ge-
fangennahme Johann Friedrichs bei Mühlberg mit dem Kurfürstentum Sachsen
belehnte. Als nun Karl V. seinen Zorn an Philipp von Hessen auslasten und
ihn gefangen nehmen oder aus dem Lande jagen wollte, verwandte sich Moritz
für ihn beim Kaiser. Dieser versprach ihm auch, daß der Landgraf weder mit
Leibesstrafe noch ewigem Gefängnis belegt werden solle, wenn er fußfällig Abbitte
tüte. Der Landgraf fügte sich und begab sich nach Halle zum Kaiser. Hier kniete
er vor ihm nieder und ließ die Abbitte durch seinen Kanzler vorlesen. Da er