1904 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 61
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
ziehen. Bei hohem Wasserstande wird die ganze Niederung überschweinmt. Die
höher gelegenen Stellen sind durch Abzugsgräben in fruchtbares Wiesen- und
Gartenland verwandelt worden, die Sümpfe aber sind mit dichten Wäldern be-
standen, in denen die Erle vorherrscht. Die vielen Flußarme und Gräben ver-
treten im Spreewalde die Stelle der Straßen. Alles, was anderswo zu Fuß,
zu Pferde oder zu Wagen abgemacht wird, verrichtet man hier in Kühnen. Im
Kahne fährt hier der Bauer aufs Feld, und im Kahne bringt er seine Ernte
nach Hause. Ein Kahn trägt die Kinder zur Schule, die Erwachsenen zur Kirche,
das Kind zur Taufe, die Leiche nach dem Friedhofe. Aus dem Kahne überreicht
der Postbote den Brief, und zu Kahne verfolgt selbst der Förster den Holzdieb.
Sind dagegen im Winter die vielen Gräben zugefroren, so schnallt sich jung und
alt Schlittschuhe an und gleitet über die glatte Eisfläche pfeilschnell dahin. —
Die Bewohner des Spreewaldes sind Nachkommen des einst so mächtigen Votks-
stammes der Wenden. In einigen Kirchen wird noch heute wendisch gepredigt
und in den Schulen neben der deutschen Sprache auch die wendische gelehrt.
Spreewald.
4. Berlin (1,9 M.) wird von 2 Armen der Spree durchflossen. An
dem einen Arme liegt das königliche Schloß, dessen mit Kupfer gedeckte Kuppel
alle anderen Gebäude der Stadt weit überragt. Es enthält mehr als 600 Säle
und Zimmer. Im Thronsaale steht der goldene Thron, und im „Weißen
Saale" empfängt der König die Abgeordneten des Landes. Vom Schlosse aus
gelangt man durch die Anlagen des Lustgartens in das Museum. Darin sind
Gemälde, Bildsäulen, kostbare Geräte und Kunstsachen aller Zeiten und Länder
ausgestellt. Überschreiten wir von hier aus die Schloßbrücke, so betreten wir die
schönste Straße der Stadt, „Unter den Linden". Sie ist sehr breit und mit
4 Reihen Linden bepflanzt. Gleich am Anfange der Straße steht das Palais,
das Kaiser Wilhelm I. bewohnt hat, dem Palais gegenüber das prachtvolle Reiter-