1911 -
Berlin [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Sandt, Hermann, Schulze, Hermann, Trautwein, Emil, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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3. Oer Küstensaum der Ostsee wird durch die Danziger, die Pommersche
und die Lübecker Bucht in mehrere Abschnitte gegliedert.
a) Die preußische Küste ist eine Haffküste. Die Kurische Nehrung trennt
das Kurische Haff vom Meere. Sie ist etwa 100 km lang, */2—4 km breit
und mit 60—70 m hohen Sanddünen bedeckt. Ehedem war sie mit Wald
bestanden; als dieser durch Abholzungen mehr und mehr schwand, trieb der
Westwind den Dünensand immer weiter gegen das Haff hin, und Felder und
Wiesen, ja ganze Dörfer wurden verschüttet. Jetzt legt man die Dünen durch
Anpflanzungen fest. Manche Stellen am Fuße der Dünen sind wegen des
Triebsandes gefährlich. Dieser bildet eine dünne Sandschicht, die auf einem
von Wasser durchsetzten Grunde ruht. Wer sie betritt, bricht durch und versinkt
rettungslos. Auf der Nehrung gibt es nur wenige Siedelungen; ihre Bewohner
nähren sich größtenteils vom Fischfang im Haff.
Das fischreiche Kurische Haff wird durch die Memel gefüllt und ist durch
das Memel er Tief mit dem Meere verbunden. Es ist sehr flach; Sandbänke,
welche durch die Stickstoffe der Flüsse immer mehr zunehmen, erschweren die Schiffahrt.
Am Memeler Tief liegt die Stadt kqeniel, der nördlichste Hafen Preußens. Hier
verlädt man russisches Holz und Getreide, das aus der Memel herbeigebracht wird.
Bei Danzig bildet die Ostsee die Danziger Bucht. Von dieser ist durch die
Frische Nehrung das Frische Haff und durch die Landzunge Hela das
Putziger Wiek abgeteilt. Zwischen dem Kurischen und Frischen Haff liegt die
bernsteinreiche Halbinsel Samland. Der Bernstein (S. 523) wird in großen
staatlichen Betrieben gesammelt (nach stürmischem Wetter), gefischt oder bergmännisch
gewonnen. In das fischreiche Frische Haff, das durch das Pillauer Tief mit
dem Meere verbunden ist, münden die Nogat und der Pregel, in die Danziger
Bucht die Weichsel.
Königsberg (248 T.,Fl.?) ist eine bedeutende Handelsstadt (Holz, Getreide, Flachs),
wozu es durch seine Lage vorzüglich geeignet ist. Größere Seeschiffe müssen schon beim
Vorhafen Pillau gelöscht werden (warum?); kleinere können bis an den Packhof der
Stadt fahren. Königsberg hat auch eine stark entwickelte Maschinen-, Spiritus- und
Bernsteinwarenindustrie. Nach der Seeseite wird es durch die Festung Pillau gedeckt.
Als Mittelpunkt der Bildung für den deutschen Nordosten besitzt es eine Universität.
van;ig (169 T., Fl.?), eine Festung, ist die zweitgrößte Seehandelsstadt des
Königreichs Preußen. (Die erste?) Ihre wichtigsten Handelsartikel sind Holz und Getreide,
die auf der Weichsel aus dem polnisch-galizischen Hinterlande herbeigeführt werden. In-
dustrie: Schiffs- und Maschinenbau (Kaiserliche Werft). Vorhäfen: die Festung Weichsel-
münde und Neufahrwasser. Westlich von Danzig das Seebad Zoppot.
b) Die pommersche Küste zerfällt durch das Stettiner Haff in die Küflenstrecken
von Hiuterpommern und Vorpommern. Hinterpommerns Küste ist flach,
geradlinig, hafenarm und mit Dünen besetzt. Hinter diesen haben sich infolge des
aufgestauten Wassers viele flache Strandseen gebildet. Sie sind sehr fischreich
und begünstigen die Gänsezucht. (Rügenwalder Spickgänse.)
Am Fuße des Gollenberges liegt Köslin; ein Seebad ist Kolberg (Fl.?).
Das Stettiner Hass ist durch drei Arme, Peene, Swine (Hauptfahrstraße)
und Dievenow, mit der Ostsee verbunden, wodurch die Inseln Usedom und
Woll in entstehen.